Der Energiesteuersimulator für Österreich

Ausgabe: 1996 | 1

Computerspiele werden immer populärer, daher mußte auch diese Premiere in Pro Zukunft einmal stattfinden: Erstmals wird Computersoftware rezensiert! Der Energiesteuersimulator verfolgt mit spielerischen Mitteln ein ernstes Anliegen und wendet sich nicht (nur) an die Kids der Computergeneration. Mit diesem im Auftrag der Grünen Bildungswerkstatt entstandenen Angebot wird ein populärwissenschaftlicher Anspruch erhoben, nämlich ein Spiel auf der Basis wissenschaftlicher Simulationsmodelle aus Ökologie, Ökonomie und den Sozialwissenschaften entwickelt zu haben. Die gestellte Aufgabe besteht darin, die Kohlendioxidemissionen der österreichischen Volkswirtschaft bis zum Jahr 2014 auf das Toronto-Ziel zu senken.  Nach Installation des Programms (die keine Probleme bereiten sollte) findet man sich als österreichische/r Energieminister/in frisch angelobt im Ministerbüro wieder und kann den Steuersatz einer Energiesteuer festlegen (getrennt nach Privathaushalten und Unternehmen) sowie noch eine zusätzliche Mineralölsteuer einheben. Über die Verwendung der Steuereinnahmen ist zu befinden Sie können für die Förderung von Alternativenergien, von Energiesparmaßnahmen in Privathaushalten und Unternehmen sowie für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs und zur Senkung der Arbeitsbesteuerung verwendet werden. Zur Abrundung der Machtfülle kann das Energieministerium auch noch Lenkungsmaßnahmen durchsetzen wie Geschwindigkeitsbegrenzungen, Fernwärmeanschlußzwang und Ausbaustop für Wasserkraftwerke. Als Energieminister/in kann man alle vier Jahre nach der Nationalratswahl ein Maßnahmenpaket umsetzen, allerdings ist dabei auch auf die eigene Popularität zu achten (also vorsichtig mit dem "politischen Kapital" umgehen!), denn in eine Ökodiktatur soll das Land ja nicht abgleiten. Es müssen daher stets die Auswirkungen der Energiepolitik auf Beschäftigung, Wirtschaftswachstum, internationale Wettbewerbsfähigkeit und Interessen wichtiger gesellschaftlicher Gruppen berücksichtigt werden. Das Ganze ist durchaus spannend, und nach ein paar Versuchen hat man ein gewisses Gespür entwickelt, mit welcher Strategie dem Toronto-Ziel zumindest sehr nahe zu kommen ist, ohne gleichzeitig die Wirtschaft zu ruinieren. Die locker-flockigen Erklärungen in der beigelegten Broschüre ermöglichen einen raschen Einstieg in die Materie. Wenn es um Annahmen über zentrale Parameter und exakte Darstellung von Zusammenhängen geht, lassen sich die Autoren nicht in die Karten blicken. Das tut zwar dem Unterhaltungswert keinen Abbruch, ist aber unbefriedigend für all jene, die an einer genaueren Analyse interessiert sind. Die technischen Mindestvoraussetzungen für den Betrieb des Energiesteuersimulators: Betriebssystem Windows 3. 1 (bzw. Mac/OS), Darstellungsmöglichkeit von 256 Farben, 386er DX-Prozessor (bzw. ein Mac mit einem 68030er), Maus oder Trackball sowie mindestens 4 MB Hauptspeicher und eine freie Festplattenkapazität von 10 MB. Im Test auf einem 486er (33 MHz, 8 MB RAM) erzeugte das Programm durch einen eher gemächlichen Ablauf zusätzliche Spannung. Nicht nur einmal keimte im Anwender der Wunsch nach etwas weniger Firlefanz bei der Darstellung zugunsten größerer Geschwindigkeit auf. W Sch.

Der Energiesteuersimulator für Österreich. Hrsg. v. d. Grünen Bildungswerkstatt. Drei Disketten mit Begleitbroschüre. Wien 1995.