Das Gedächtnis der Natur

Ausgabe: 1990 | 3

Als der Autor vor nunmehr neun Jahren die Fachwelt mit seiner Theorie der "morphogenetischen Felder" konfrontierte, löste er heftige Reaktionen aus. Für die einen eine interessante Herausforderung, für andere ein Ärgernis der ersten Kategorie, war es für dritte eine überzeugende These, die nur ihre Beweisführung vermissen ließ, Der auch heute noch mehrheitlich bestrittene, das mechanistische Weltbild in Frage stellende Ansatz Sheldrakes nimmt sich - verglichen mit anderen Theoremen der modernen Naturwissenschaft - nicht nur verblüffend einfach aus, sondern fand in den letzten Jahren auch seine experimentelle Bestätigung: Es  konnte z. B. nachgewiesen werden, dass Versuchspersonen real existierende Wörter von ihnen nachweislich fremden Sprachen leichter lernen als vergleichbare Lautfolgen ohne Sinn. Nach Ansicht Sheldrakes ist dies Indiz dafür, dass nicht nur Menschen, sondern die gesamte, organische wie anorganische Natur ein Gedächtnis haben. Jede Form von Information wird als kollektives Erinnerungsvermögen unabhängig von Raum und Zeit in den "morphogenetischen Feldern" präsent gehalten, und durch die morphische Resonanz" der artgleichen Spezies vermittelt. So kann Vergangenes und Gegenwärtiges für die Zukunft verfügbar gehalten werden. Das faszinierende an dieser Arbeit ist, dass Sheldrake seine Thesen in philosophie- und naturgeschichtlich umfassendem Zusammenhang erläutert und zu dem Schluss kommt, dass "die Natur der Dinge eher (veränderbare) Gewohnheit als Ausdruck ewiger Gesetze" ist. Noch ist nicht entschieden, ob und wann sich die in der Tat revolutionäre Theorie als neues Paradigma wird durchsetzen können. Fest steht jedoch schon jetzt, dass der Autor neueste naturwissenschaftliche Erkenntnisse allgemein verständlich und überzeugend zu vermitteln vermag. Morphogenese Naturwissenschaft

Sheldrake, Rupert: Das Gedächtnis der Natur. Das Geheimnis der Entstehung der Formen in der Natur. München: Scherz, 1990. 448 S., DM 44,-/ sFr 37,70/ öS 343,20