Muß man sich wirklich damit abfinden, daß das große Zeitalter der wissenschaftlichen Entdeckungen vorüber ist? Für den Wissenschaftspublizisten John Horgan trifft dies jedenfalls zu. Zwar wird seiner Ansicht nach die angewandte Wissenschaft noch lange Zeit fortgeführt werden - sei es in Form noch schnellerer und leistungsfähigerer Computer. gentechnischer Verfahren ”Zur Lebensverlängerung. anwendbarer neuer Materialien u.a. - umstürzende Veränderungen an den theoretischen Rahmenmodellen sind jedoch nicht mehr zu erwarten. Die angewandten Wissenschaften werden die vorherrschenden theoretischen Paradigmen eher bestätigen als in Frage stellen. Überraschungen wie der Beweis für die Existenz außerirdischen Lebens oder die Unsterblichkeit würden nicht notwendigerweise unsere grundlegenden Erkenntnisse über das Universum verändern. Auf der Suche nach Antworten auf die Frage. wie denn die Zukunft der Naturwissenschaften aussehen werde. bedient sich Horgan überaus gewinnbringend literarischer Dokumente aus verschiedenen Geschichtsepochen und interviewt darüber hinaus bekannte Naturwissenschaftler. Forscher und Philosophen. Sir Karl Popper. befragt nach der absoluten Wahrheit der Wissenschaft. äußert sich herablassend über die Hoffnung einiger Kollegen. eine vollständige Theorie der Natur aufstellen zu können. die sämtliche Fragen beantworten würde. Der Wissenschaftstheoretiker Thomas Kuhn kommt ebenso zu Wort wie Freeman Dyson. Teilhard de Chardin. Francis Fukuyama. Noam Chomsky oder Marvin Minsky. Wissenschaftskritiker Paul Feyerabend, er propagierte das „Anything goes" in der Wissenschaft, bespöttelt Poppers "Kritischen Rationalismus" als "Winziges Wölkchen heißer Luft in der positivistischen Teetasse". Fazit der durchaus anspruchsvollen Auseinandersetzung ist die lapidare Feststellung, daß wir mit der Wahrheitssuche wahrscheinlich niemals aufhören können. Abschließend erörtert Horgan die Möglichkeit, daß der Mensch eines Tages intelligente Maschinen konstruieren wird. die unser kümmerliches Wissen enorm erweitern werden. In der Lieblingsversion "dieses Szenarios verwandeln Maschinen den gesamten Kosmos in ein riesiges einheitliches Datenverarbeitungsnetz" (S.21). A. A.
Horgan. John: An den Grenzen des Wissens. Siegeszug und Dilemma der Naturwissenschaften. München: Luchterhand. 1997. 462 S.,
Weiterführender Literaturhinweis: Carl Sagan, der vielfach ausgezeichnete Star der Wissenschaftspublizistik, sieht in der Suche nach der Wahrheit überhaupt das oberste Gebot: Sagan, Garl: Der Drache in meiner Garage oder Die Kunst der Wissenschaft. Unsinn zu entlarven. München: Droemer Knaur. 1997. 528 S.
