Christoph Keese

Life Changer

Ausgabe: 2022 | 4
Life Changer

Christoph Keese hat sich mit dem Gedanken arrangiert, dass Innovationen menschengemachte Probleme lösen können, aber auch immer neue Probleme mit sich bringen. So braucht es in Dauerschleifen neue Innovationen für neue Probleme. Keese sieht dabei aber optimistisch in die Zukunft und hebt sogenannte Life Changer wie Elon Musk als revolutionäre Denker hervor. Sie sollen durch ihre disruptive und pragmatische Art und Weise zu innovieren, endlich den gewünschten Umschwung bringen, in dem wir nicht mehr den erzeugten Problemen hinterherlaufen, sondern endlich Kontrolle zurückgewinnen. Keese nimmt uns mit auf eine Investor:innenenreise durch Deutschland und Europa. Mit Begeisterung stellt er ein Start-Up nach dem anderen vor. Und zugegeben: beeindruckend sind die Ansätze und Ziele dieser kleinen, der breiten Masse meist unbekannten Unternehmen. Doch schon zu Beginn wird klar, dass hier die Perspektive eines absoluten Technikoptimisten geschildert wird.

Doch was macht einen Life Changer aus? Er soll deduktiv statt induktiv denken, so die Hauptprämisse. Musk, Wiegand und Co. suchen von der Problemlage aus nach Lösungen – zunächst ohne Priorisierung der wirtschaftlich limitierenden Faktoren wie es die Nachfrage im klassischen Business-Case wäre. Auch würde hier pragmatischer vorgegangen, zum Beispiel indem existierende Akkutechnologie genutzt wird, statt teuer eigene spezialisierte zu entwickeln. Ähnliches kann auch im Bereich der Satellitenentwicklung beobachte werden, wo Start-Up-Kulturen deutlich schneller und günstiger vorankommen. Aus Fehlern zu lernen sei wertvoller als die Entwicklung unendlich in die Länge zu ziehen, um ebendiese zu verhindern. Better safe than sorry hat hier ausgedient. Keese erkennt dennoch an, dass Technologie immer gesellschaftlich eingehegt werden müsse, da nur so ein Mittelweg zwischen den viel diskutierten Extremen Zerstörung der Umwelt und Verzicht zum Schutz dieser gefunden werden könne. Seine Warnung: Wagniskapitalgeber:innen stammen derzeit in der Regel nicht aus Europa, damit verschiebe sich auch die Loyalität der so finanzierten Unternehmen. Um also den europäischen Ausverkauf nicht fortzuführen, müssten hiesige Investor:innen risikofreudiger werden. Resümee: Christoph Keese bietet mit diesem Buch interessante Einblicke. Ob man der Argumentation des liberalen Technikoptimisten folgen möchte, steht auf einem anderen Blatt.