Amerikanische Visionen und Erfahrungen

Ausgabe: 1997 | 1

Im Rahmen eines Projekts der internationalen Forschungsförderung des Deutschen Akademischen Austauschdienstes konnten sieben Doktoranden und Diplomanden vor Ort recherchieren. Erhoben wurden der gegenwärtige Stand und mögliche künftige Entwicklungslinien der digitalen Vernetzung in den USA und Kanada im Vergleich mit Deutschland. In einem ersten Überblick wurden zunächst die Metaphern und Visionen zum "lnformatiori1highway", einer kritischen Würdigung unterzogen. Diese eignen sich nämlich, so der Herausgeber Hans Kleinsteuber, "ideal zur Stiftung politischen Sinns, weil sie unbestimmt und vage sind." Er überprüft insbesondere Funktion und Realität der Highway-Metapher im Hinblick darauf, ob sie den Leitvorstellungen von Interaktivität gerecht wird und betont, daß fast alle mit dem Begriff mitschwingenden Hoffnungen und Emotionen bei der fragmentarischen Rezeption in Deutschland verlorengegangen sind. Martin Hagen geht auf die in den USA seit Jahren geführte Auseinandersetzung um die Zukunft des politischen Systems im Zeitalter der Digitalisierung ein. Die Visionen einer "electronic democracy" lassen sich, so der Autor, nur schwer auf die Verhältnisse in der BRD übertragen, es gibt auch keine dem ”freedom of Information Act" vergleichbare Regelung und "noch keine ernstzunehmende Debatte über die Frage des gleichen und allgemeinen Zugangs der Bevölkerung zu den neuen Kommunikationsdiensten '', Die Analyse der politischen Entscheidungsprozesse und Planungsverfahren in Übersee zeigt auch, daß sich etwa in Kanada eine Sachverständigenkommission viel stärker als hierzulande mit den sozialen und kulturellen Dimensionen des Information-highway auseinandergesetzt hat. Ökonomische Aspekte des Internet und strategische Allianzen bei Vorbereitung und Einführung der neuen Technik werden etwa von Jörg Meyer-Stamer angesprochen, der das in Deutschland vorherrschende Prinzip der zentralen Techniksteuerung kritisiert. Für ihn ist der Erfolg des Internet v. a. auf die Anwendung einer dezentralen Techniksteuerung in den USA zurückzuführen. Abschließend werden Beispiele für die Nutzung der Netze für Bürgerinformation, soziale Bewegungen und Journalisten angesprochen. A. A.

Der "Information Superhighway". Amerikanische Visionen und Erfahrungen. Hrsg. v. Hans J. Kleinsteuber. Opladen: Westdt. Verl., 1996. 280 S., DM/sFr 48,-/ÖS 374,50 

 

Weiterführender Literaturhinweis: Über die unbegründete Euphorie um die Verheißungen der Datenautobahn schreibt einer der Pioniere des Internet: StoII, Clifford: Die Wüste Internet. Geisterfahrten auf der Datenautobahn. Frankfurt/M. (u.a.): S. Fischer,  1996. 349 S.