5 Bücher. 5 Themen

Ausgabe: 2021 | 4
5 Bücher. 5 Themen

Fünf kurze Rezensionen finden Sie nachfolgend, geschrieben von Luisa Wilczek,  Carmen Bayer, Robert Obermair. Im Fokus: Bücher von OMar Kholeif, Helen Macdonald, Susie Orbach, Dirk Laabs, Tim Jackson.

Art in the Age of Anxiety

„Human beings have always lived in an age of anxiety: we are not homo sapiens but homo sapiens anxiosus.“ (S. 113, W. J. T. Mitchell) Anxiety ist Angst, die sich durch tiefe innere Unruhe äußert – ein Phänomen unserer Zeit. Das Buch Art in the Age of Anxiety über die gleichnamige Ausstellung ist ein gelungen-er Mix aus Bilderstrecken und Essays der Künstler:innen, die den Kern der post-digitalen Gesellschaft betrachten – das Zusammenspiel von Information, Technik und menschlicher Emotion. LW

Omar Kholeif: Art in the Age of Anxiety. MIT Press, London 2021; 400 Seiten

Abendflüge

Die Kurzgeschichten von Helen Mcdonald verleihen der uns umgebenden Flora und Fauna beinahe etwas Mythisches. Der ehemaligen Wissenschaftshistorikerin zufolge sehen wir die Natur als einen Spiegel unserer selbst, „der nur unsere eigene Sicht der Dinge, unsere eigenen Bedürfnisse, Gedanken und Hoffnungen reflektiert.“ (S. 8) Die Autorin möchte dieser egozentrierten Perspektive entgegenwirken, was ihr mit den teils sehr persönlichen Essays hervorragend gelingt. Anstatt Natur zu vermessen und zu unterwerfen, geht es in den Geschichten darum, sie mit kindlicher Neugierde zu beobachten – ohne in sie einzugreifen. Wie verändert sich die Qualität eines Waldspazierganges, wenn Wildschweine wieder heimisch sind? Wenn Natur frei und wild sein darf und man sich auch als meschliche:r Besucher:in an die Regeln des Waldes halten muss? CB

Helen Macdonald: Abendflüge. Hanser Verlag, München 2021; 320 Seiten

Bodies

Mit dem Körper als Objekt der Transformation beschäftigt sich die Psychotherapeutin Susie Orbach im Buch _Bodies_. Im Kampf mit dem Körper. Dabei thematisiert sie, welchen Einfluss frühkindliche Lebensumstände, kulturelle Prägungen sowie KI und Ansätze des Transhumanismus in der Entwicklung der individuellen und kollektiven Körperbeziehungen einnehmen. Die Objektivierung des eigenen Körpers, der als Visitenkarte dem Gesetz der Optimierung unterliegt, führe auch zum Verlust von Körpervielfalten, da sich das westlich geprägte Ideal global ausbreitet und kulturspezifische Unterschiede nach und nach verdrängt. CB

Susie Orbach: Bodies. Im Kampf mit dem Körper. Arche Verlag, Zürich 2021; 256 Seiten

Staatsfeinde in Uniform

Was passiert, wenn jene, die per definitionem die Demokratie verteidigen sollten, selbst auf die Zerstörung demokratischer Institutionen hinarbeiten? Der Terrorismusexperte Dirk Laabs zeichnet in seiner akribischen Studie eindrücklich nach, wie militante Recht(sextrem)e die deutschen Behörden und dabei vor allem die Bundeswehr und Polizei unterwandern und auf einen „Tag X“ hinarbeiten, um selbst die Macht zu übernehmen. Ein wichtiges Buch, das dringend ein österreichisches Pendant braucht.  RO

Dirk Laabs: Staatsfeinde in Uniform. Wie militante Rechte unsere Institutionen unterwandern. Econ Verlag, Berlin 2021; 448 Seiten

Post Growth

Zehn Jahre nach dem Erscheinen von Wirtschaft ohne Wachstum veröffentlicht Tim Jackson ein neues Buch. Darin entwirft der Ökonom die Vision einer Gesellschaft, die jenseits von Wettbewerb und kapitalistischem Wachstumsstreben ein besseres Leben ermöglicht und gleichzeitig die planetaren Grenzen berücksichtigt. Wer Analysen ökonomischer Zusammenhänge und konkrete Politikempfehlungen erwartet, wird allerdings enttäuscht. Stattdessen beschreibt der Autor die Vorzüge einer Postwachstumsgesellschaft auf fast poetische Weise, was dieses Buch zu einem besonderen Lesegenuss macht. SG

Tim Jackson: Post Growth. Lifer after Capitalism. Polity Press, Cambridge 2021; 256 Seiten