Veränderungen als Erfolgsgeschichte des Menschen

Ausgabe: 1999 | 2

Die Veränderungen, denen wir beim Übergang in das dritte Jahrtausend gegenüberstehen, sind vielfältig: Individualisierung der Gesellschaft, Werteverfall und Globalisierung der Wirtschaft sind nur einige Schlagworte. Die Wiederkehr eines rücksichtslosen Wettbewerbs, steigende Armut und rascher Bevölkerungsanstieg sind die Folge. Dies alles gibt Eibl-Eibesfeldt allerdings nicht nur Grund zum Pessimismus. Schließlich könnten diese Entwicklungen auch als Erfolgsgeschichte des Menschen betrachtet werden. Wie keine andere Art verbreitete der Mensch sich auf der Erde und schuf „mit der arbeitsteiligen städtischen Großgesellschaft Voraussetzungen für eine einmalige kulturelle Entfaltung im wissenschaftlichen, künstlerischen und technischen Bereich.“ Diese Leistungen sollten uns, dem „Volltreffer der Evolution“ (laut Hubert Markl), Ansporn sein. Die Probleme, die mit dieser Entwicklung auftreten sind sozialer und ökologischer Art.

Unser soziales Verhalten entwickelte sich durch stammesgeschichtliche Anpassung in jener Zeit, als der Mensch noch Jäger und Sammler war und in Kleingesellschaften lebte. Diese Verhaltensmuster sind auch heute noch in uns, und sind zum Teil Grund dafür, daß uns die von uns geschaffene Umwelt Probleme bereitet.

Das Wiederaufleben von ethnischen Konflikten und Xenophobie entstand aus einer Entwicklung, die vom Autor als positiv und „Sternstunde der Verhaltensrevolution“ bezeichnet wird. Dies ist die Evolution der Brutpflege bei Vögeln und Säugetieren, aus der die Liebe (persönliche Bindung) hervorgeht. Auch die Definition einer In- und Outgroup, also „wir“ gegen „die anderen“.

Die „Falle des Kurzzeitdenkens“ besteht darin, daß wir zu monokausalem und Schablonendenken neigen und uns auf den Wettlauf im Jetzt konzentrieren. In der Landwirtschaft führte das zu Massentierhaltung, in Industrie und Handel zu Globalisierung, die einzelne Staaten gefährdet, sowie zu einem rasanten Bevölkerungsanstieg, dem die Erde nicht gewachsen ist. Heute leben zwischen 40 und 50 Mio. Menschen als Flüchtlinge.

Auch die Verbindung zu größeren Unionen sieht der Autor als eine logische stammesgeschichtliche Entwicklung. Doch auch hier besteht die Gefahr, daß zwischen diesen Kriege ausbrechen. „Langzeitstrategien im Sinne eines generationenübergreifenden Überlebensethos“ müssen dem entgegentreten. Vorgeschlagen wird die Bildung von sozialen und ökologischen Friedensregionen.

Neben manch zukunftstauglichem Aspekt finden sich auch bedenkliche Vorschläge, etwa Flüchtlingsströme durch internationale Polizeitruppen in den Krisengebieten der Welt zu unterbinden. Weitsichtiger, sozial gerechter und nachhaltiger wäre es, durch die Förderung legitimer Ansprüche auf eine lebenswerte Zukunft für alle, Flüchtlingsströme erst gar nicht entstehen zu lassen.

A. G.

Eibl-Eibesfeldt, Irenäus: In der Falle des Kurzzeitdenkens. München (u. a.): Piper-Verl., 1998. 223 S., DM 36,- / sFr 33,- / öS 181,-