Edward de Bono über Konflikte

Ausgabe: 1987 | 2

Nichts scheint vernünftiger zu sein, als zwei Konfliktparteien dazu zu bewegen, Differenzen am Verhandlungstisch im »argumentativen Verfahren« zu beseitigen. Und doch wissen wir, dass ein solcher Ansatz der Problemlösung nur selten zu dauerhaften Lösungen, sehr oft aber zu Kompromissen führt, die von beiden Seiten als Niederlage empfunden werden. De Bono, Begründer des Begriffs des »lateralen Denkens«, führt an einer Vielzahl konkreter Beispiele vor, dass unsere traditionelle, sprachgebundene Logik schlicht überfordert ist: Begriffliche Identität und vor allem das Prinzip des (auszuschließenden) Widerspruchs 'liefern scheinbar unerschütterliche »Beweise- für die Rechtmäßigkeit der eigenen Argumentation. Gegen diese Form der Diplomatie entwirft der Autor das Konzept des »dreieckigen Denkens«. Die dritte Partei ist nicht Richter, Vermittler oder Unterhändler im herkömmlichen Sinn, sondern Spiegel, Überblick, Provokateur, Lieferant und ggf. auch Erfinder neuer Ideen(ansätze), die sie gemeinsam mit den Kontrahenten entwirft und ausarbeitet. Ein ganzes Arsenal von Möglichkeiten steht zur Verfügung, um scheinbar unabänderliche Positionen zu revidieren. So kann ein Schritt zurück auch als Fortschritt erkannt und vorerst »undenkbare«, weil ungedachte Lösungen gefunden werden, Einer übernationalen, unabhängigen Denk-Organisation, SITO (Supranational Independent Thinking Organisation), könnte in Zukunft die Aufgabe zukommen, die notwendigen Hilfestellungen anzubieten, um Konflikte zu verhindern, die wir uns, durchaus im doppelten Wortsinn, nicht mehr leisten können. Dass positive Ideen auch in die Tat umgesetzt werden können, zeigt die Gründung jener vorerst kleinen Organisation, die vor kurzem in Malta ihre Arbeit aufgenommen hat. Die ebenso konkreten wie weitreichenden Vorschläge de Bonos seien (nicht nur) jedem Politiker und jedem Pädagogen zur wohlwollend kritischen Prüfung empfohlen: Kaum eine (parlamentarische) Debatte, die sich in Anbetracht der skizzierten Alternativen sozialen Gestaltens nicht als hoffnungslos veraltet erweist. Es gibt zudem kein triftiges Argument, die vielfach erprobten Methoden -entwertenden Denkens« nicht auch in breiter Öffentlichkeit zu nützen. In Venezuela und zunehmend auch in Nordamerika werden die Modelle des Verfassers im Unterricht mit Erfolg angewendet.

De Bono, Edward: Konflikte. Neue Lösungsmöglichkeiten und Strategien. Düsseldorf (u.a.): Econ-Verl., 1987. 271 S.