Man mag es drehen und wenden wie man will: In Anbetracht der Grenzen wissenschaftlicher Erkenntnis bleibt auch die Zukunft ein schwieriges, vernebeltes Terrain. Daß es dennoch Vergnügen bereitet, sich auf die Suche nach den Gesetzmäßigkeiten des Zufalls zu machen, zeigt der amerikanische Mathematiker John L. Casti, der u.a. in Princeton lehrte und dieses Buch mit unverkennbarem Wohlgefallen für Süßes in Wien schrieb. Hier verbindet sich die (in angloamerikanischen Sachbüchern oft auch einseitig strapazierte) Gesprächigkeit mit hohem Sachverstand und erlaubt es auch jenen, denen die Weihen der höheren Mathematik versagt blieben, das Buch mit Gewinn zu lesen. Wesentlichen Anteil daran hat im übrigen auch die Übersetzung durch Malte Heim. Zur Sache selbst: Anhand von Beispielen aus fünf Disziplinen (Wetter- und Klimakunde, Entwicklungsbiologie, Ökonomie, Konfliktforschung und Mathematik) sucht der Verfasser zu ergründen, inwieweit Wissenschaft „einen Sinn in die Ereignisse dieser Welt" zu bringen vermag. Um die Möglichkeiten und Grenzen der Vorhersage wie der Erklärung zu veranschaulichen, bedient sich Casti nach der Darstellung konkurrierender Theorien innerhalb der einzelnen Fachgebiete einer fünfteiligen Skala, ohne sich freilich der Gefahr der Beckmesserei auszusetzen. So setzt er beispielsweise die Möglichkeit der Vorhersage des Wetters mit 2+ an, vergibt für die Erklärbarkeit desselben gar eine 1-. Die Grenze der Prognostik wird dagegen im Falle der Aktienentwicklung besonders deutlich: Vorhersage 3+ / Erklärung 4. Auch wenn damit die Frage nach der Sinnhaftigkeit des "großen Spiels" namens Wirtschaft zu Recht gestellt werden kann, sollte man diese Ziffern vielleicht nicht allzu ernst nehmen, denn Casti erweist sich bei mancher Unschärfe (vor allem in der Analyse politischer Konflikte) auch als ausgezeichneter Humorist, etwa wenn er Gödeis Theorem (der Inkongruenz von Wahrheit und Beweis) anhand der Sachertorte erörtert. Daß selbst die Mathematik im wesentlichen eher eine Sache der Intention denn der formalisierten Gewißheit ist, und daß die Wissenschaft schon viel erreicht, wenn sie "überzeugende Beschreibungen natürlicher und vom Menschen erzeugter Phänomene liefert", relativiert den Anspruch nicht zuletzt auch an das eigene Tun und Lassen. W Sp.
Casti, John L.: Szenarien der Zukunft. Was Wissenschaftler über die Zukunft wissen können. Stuttgart: Klett-Cotta, 1992. 6115., DM58,/ sFr49,I öS 452