Walter Ötsch, Nina Horaczek

Wir wollen unsere Zukunft zurück

Ausgabe: 2022 | 1
Wir wollen unsere Zukunft zurück

Walter Ötsch und Nina Horaczek wenden sich an all jene, die „den Traum von einer besseren Welt für alle nicht aufgeben wollen“ (S. 9). Dieser Traum sei mit dem Aufkommen des Neoliberalismus diskreditiert worden, womit der Verlust der Fantasie in der Politik, des politischen Gestaltungswillens einhergegangen sei.

In dem Buch wird die Entwicklung des Neoliberalismus im 20. Jahrhundert nachgezeichnet. Kompakt wird dargestellt, wie verschiedene Denkströmungen unter der koordinierenden Führung des amerikanischen Intellektuellen Walter Lippmann in der Zwischenkriegszeit das neue Weltbild zusammenbauten. Über das Wirken der Mont Pèlerin Society nach dem Krieg bis hin zur Übernahme neoliberaler Ideen durch die Regierungen von Margaret Thatcher im Vereinigten Königreich und von Ronald Reagan in den USA wird die Entwicklung nachgezeichnet. In den 90er-Jahren seien diese Kernelemente des Denkens auch in der Sozialdemokratie angekommen, vor allem in der Politik von Tony Blair und Gerhard Schröder. (S. 41)

Was aber hat dies mit dem Verlust der Fantasie in der Politik zu tun? „Der Neoliberalismus sieht den Kapitalismus als grundlegend stabiles System und will staatliche Eingriffe auf ein Minimum beschränken. Um dieses Ziel erreichen zu können, war und ist es den Vertreterinnen und Vertretern dieser Denkschule ein wesentliches Anliegen, in den Köpfen der Menschen ein Bild von der Welt zu erzeugen, in dem die Politik Zukunft nicht gestalten kann, weil nur der Markt dies könne. Neoliberale Modelle leugnen somit die Möglichkeit einer politisch gestaltenden Phantasie.“ (S. 47)

In den meisten marktfundamentalen Theorien werde der Mensch wie eine Maschine aufgefasst: Logisch und rational handelnd, berechenbar, vorhersehbar und steuerbar. Es gebe aber auch andere Sichtweisen , eben solche, in der die Imaginationsfähigkeit des Menschen einen zentralen Platz einnehme, so Horaczek und Ötsch. (S. 94) Der Philosoph Hans Jonas beispielsweise habe den Menschen immer als Bilderzeuger und Bildversteher gesehen. Diese Zukunftsbilder gelte es wieder mutig zu entwerfen und in die Politik zu tragen. Dass die Fantasie nie ganz weg war, wird anhand von 111 Projekten gezeigt, bei denen Menschen die Zukunft gestalten - auch gegen die Logik des Marktes.