„Erst das Ja-Aber ermöglicht uns die Ahnung und bestenfalls die Anerkennung anderer Perspektiven – und genau dieses Bewusstsein, dass es in jeder Situation nicht unbedingt nur eine richtige Möglichkeit/Erzählung gibt, ist nötig für eine Offenheit für Einwände und Argumente anderer.“ (S.19) Das Ja-Aber ist im Sammelband What can art do? – das Ergebnis eines transdisziplinären Forschungsprojektes – allgegenwärtig. Seine titelgebende Frage ist als Reaktion zu lesen auf die teils widersprüchlichen Erwartungen, welche gegenüber künstlerischer Praxis implizit oder explizit erhoben werden. In Gesprächen mit Kunstschaffenden, Fallstudien und Essays wird dieses komplexe und kontroverse Verhältnis zwischen politisch engagierter Kunstpraxis und gesellschaftlicher Wirklichkeit untersucht. Denn während auf der einen Seite das Ideal der autonomen Kunst hochgehalten wird, als antihegemonialer und antikapitalistischer Raum, hegen andere die Hoffnung, dass durch Kunst gesamtgesellschaftliche Transformationsprozesse herbeigeführt werden. Kurz: Es besteht ein Dilemma wie sehr Kunst Teil des kritisierten Systems ist oder sein muss, um relevant zu sein und inwiefern sich Kunst außerhalb des Systems verorten kann.
Die vielschichtigen praxisnahen bis philosophischen Denkansätze, welche in den Beiträgen aufgeworfen werden, sind als Angebot zu lesen, sich selbst zu positionieren und weiterzudenken. Insofern ist der Sammelband vor allem geeignet für Kunst- und Kulturschaffende, die ihre Praxis auf einer Metaebene reflektieren möchten und für Wissenschaftler:innen, die sich mit engagierter Kunst- und Kulturpraxis auseinandersetzen. Ebenso ist der lesenswerte Band aber auch allen zu empfehlen, die gerne über die Rolle von Kunst und Kultur nachdenken, die Kunstszene reflektieren und neue Impulse erhalten wollen.
Letztlich ist die Einleitungsfrage nur stellvertretend zu betrachten für viele weitere Fragen, die im Buch aufgeworfen werden: Von welchen Begriffen ist der Diskurs bestimmt? Wer wird in das künstlerische Tun mit einbezogen? Wie verhalten sich Effizienz und Diversität zueinander im künstlerischen Kontext? Unter welchen politischen, gesellschaftlichen, ökonomischen oder sozialen Bedingungen findet die künstlerische Tätigkeit statt und wie beeinflussen diese wiederum, was da getan wird? Welchen Arten von Kritik sehen sich kunstvermittelnde Tätigkeiten oft ausgesetzt? Ist Kunst beliebig?