Wandel und Entwicklung familialer Lebensformen

Ausgabe: 1997 | 2

Glaubt man den Schlagzeilen, dann ist die Familie als Institution in den turbulenten Zeiten der Moderne arg in Bedrängnis geraten. Gleichzeitig erfreut sie sich anläßlich des "Internationalen Jahres der Familie" (1994) sowie als Gegenstand von Erhebungen und Berichten öffentlicher Aufmerksamkeit. Mit dem vorliegenden Bericht werden erste Ergebnisse der 1994 in Gesamtdeutschland mit 11.000 Interviews erhobenen Daten präsentiert und mit früheren Erhebungen (1988 bzw. 1990/91) verglichen. Kapitel eins gibt zunächst einen Überblick über Erkenntnisse der familienhistorischen Forschung und zeigt anhand empirischer Befunde langfristige Trends des Familienlebens in den letzten hundert Jahren. Der Blick auf die Sozialgeschichte der Familie zeigt, daß statt eines Funktionsverlusts lediglich ein Funktionswandel stattgefunden hat. "Die Veränderung des innerfamilialen Umgangs, sowohl zwischen Geschlechtern als auch zwischen Generationen, bestimmt die Veränderungen der letzten Jahrzehnte stärker als der vorgebliche Verlust der Stabilität und Klarheit familialer Konstellationen oder als die Individualisierung und der Funktionenwandel." Es schließen sich Aspekte der Pluralisierung von Lebensformen (Kapitel zwei), Chancen und Risiken, Belastungen und daraus folgende Ungleichheiten im Verlauf des Familienzyklus (Kapitel drei) sowie Darstellungen der speziellen Situation von Kindern in der Familie (Kapitel vier) an. Der Blick auf die Alltagsorganisation in der Familie zeigt nicht viel Neues bei der Arbeitsteilung im Bereich der Hausarbeit, obwohl Frauen auch mit Kindern zu einem hohen Anteil zumindest teilzeit-erwerbstätig sind. Interessant ist der Vergleich zwischen Ost- und Westdeutschland im Hinblick auf den Zeitpunkt der Familiengründung. Dabei wird deutlich, daß keineswegs von einer Angleichung des Generationsverhaltens gesprochen werden kann, da im Osten 1994 mehr Befragte unter 25 Jahre verheiratet waren als noch 1990. Das umfangreich erhobene Datenmaterial wiederlegt insgesamt die Befürchtungen, "daß sich der seit längerem festgestellte Trend in Richtung einer postmaterialistischen, individualistischen Gesellschaft über die 90er Jahre hinweg weiterentwickeln würde". Es lassen sich lediglich kleine Verschiebungen, "je nach Fragestellung mal in Richtung traditionalistischer Werte, mal in Richtung individualistischer Werte nachweisen". A. A.

Familie an der Schwelle zum neuen Jahrtausend. Wandel und Entwicklung familialer Lebensformen. Hrsg. v. Walter Bien. Opladen: Leske + Budrich, 1996. 291 S. (Dt. Jugendinstitut - Familien-Survey; 6)