Unterwegs zur ökologischen Wirtschaftspolitik

Ausgabe: 1996 | 3

Für den ökologischen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft ist die Umsetzung des vorhandenen Wissens über die Zusammenhänge zwischen Ökologie und Ökonomie in die politische Praxis zentral. Die Komplexität sowie die räumliche und zeitliche Dimension von Umweltproblemen führt deutlich vor Augen, daß die traditionellen staatlichen Handlungssysteme an den Grenzen ihrer Lösungskapazität an-   gelangt sind. Der institutionellen Verankerung des Umweltschutzes in der Verwaltung kommt daher eine wichtige Rolle zu. Eine entscheidende Frage ist dabei, ob die "Querschnittsmaterie" Umweltschutz durch eine Querschnittsorganisation oder durch zentralistische Entscheidungsstrukturen besser erfüllt werden kann. Die differenzierte Antwort der Autorin lautet: Sowohl als auch - wenn auch mit einem deutlichen Akzent auf dezentralen Organisationselementen. In Zeiten einer offensiven Umweltpolitik kann eine starke zentrale Umweltkompetenz sehr viel in Richtung Ökologisierung bewegen. Bei "Gegenwind" allerdings kann mittels einer Durchdringung aller Fachverwaltungen mit Umweltschutzspezialisten aus umweltpolitischer Sicht zumindest das Ärgste verhindert werden. Den größten Vorteil einer lmplantierung von Spezialeinheiten in jene Fachverwaltungen, die mit Verursacherbereichen von Umweltproblemen befaßt sind, sieht die Autorin in der Möglichkeit, dadurch spezielle Kenntnisse über vorhandene Umsetzungsprobleme sowie über die Erfordernisse des Umweltschutzes in den einzelnen Politikbereichen zu erwerben. Die Integration von Umweltschutzaufgaben in andere Politikbereiche führt zur Zusammenfassung von konträren Aufgaben und Interessenlagen in den einzelnen Ressorts. Wo diese Konflikte nicht dezentral gelöst werden können, stellt die zentrale Umweltverwaltung ein unentbehrliches Korrektiv dar. Das Buch teilt sich in drei ungleich lange Abschnitte: Nach einem kurzen Überblick über die Organisation der Umweltschutzpolitik in Berlin folgen etwa fünfzig Seiten "theoriegeleitete Überlegungen" zu ökologischen Lern- und Modernisierungsprozessen. Daß das Buch aus einer wohl nur gering veränderten politikwissenschaftlichen Dissertation hervorgegangen ist, wird in diesem Abschnitt sprachlich besonders deutlich. Doch nach dem zweiten Lese-Anlauf waren alle Gedanken auch für den Nicht-Politologen problemlos nachzuvollziehen - und es lohnte durchaus, sich "durchzubeißen". Im dritten Abschnitt wird auf etwa 180 Seiten die Integration von Umweltpolitik in die Wirtschaftspolitik am Beispiel Berlins während der letzten eineinhalb Jahrzehnte analysiert. W. Sch.

Fichter, Heidi: Unterwegs zur ökologischen Wirtschaftspolitik. Berlins Erfahrungen bei der ökologischen Modernisierung politischer Institutionen. Berlin: Ed. Sigma, 1996. 306S.