Symbolische Umweltpolitik

Ausgabe: 2001 | 2

Der Titel „Symbolische Umweltpolitik“ entlockt den gelernten Normunterworfenen (wie der Adressatenkreis bei gesetzlichen Regelungen so schön heißt) ein Lächeln – zynisch oder melancholisch, entsprechend der jeweiligen Verfassung. Die Sache scheint so klar, dass unklar ist, warum man dafür ein ganzes Buch benötigt: Symbolische Umweltpolitik ist schlecht, richtige, handfeste Umweltpolitik ist gut, und damit basta. Nur, dass es so einfach nicht ist (und das nicht nur aus dem Grund, weil das Buch vorwiegend von JuristInnen geschrieben wurde) kann man schon aus dem Umfang des Buches abschätzen; immerhin 319 Seiten, klein gedruckt. Das wird bereits im einleitenden Beitrag der Herausgeber, der quasi programmatisch das Themenfeld absteckt, deutlich. Und schnell befinden sich die LeserInnen mitten im Geschehen: Symbolische Umweltpolitik – immer ein Problem, oder ist im Gegenteil „gelingende Symbolisierung eine wesentliche Voraussetzung erfolgreicher Politik“ (S.14)?

Der Band, der aus einer Tagung, mit der die Forschungsgruppe „rationale Umweltpolitik – Rationales Umweltrecht“ am Zentrum für interdisziplinäre Forschung der Universität Bielefeld ihre Arbeit aufgenommen hat, hervorgegangen ist, zerfällt dem gemäß auch in zwei Teile: der erste Teil widmet sich der Symbolischen Umweltpolitik als Problem, der zweite (wesentlich schmalere, was auch schon eine Antwort auf die Frage „Problem oder Notwendigkeit?“ darstellen mag) der Notwendigkeit symbolischer Umweltpolitik.

Der Begriff „Symbolische Umweltpolitik“ wird in den einzelnen Beiträgen – es sind deren elf – mit unterschiedlicher Schärfe, aber gleicher Tendenz definiert und verwendet. Gertrude Lübbe-Wolff beispielsweise definiert sie folgendermaßen: „Umweltrecht wird ... als symbolisch bezeichnet, sofern es nicht als Instrument der Steuerung fungiert, sondern als Medium zur Vermittlung der Botschaft, dass gesteuert werde“(S. 49).

Die meisten Beiträge gehen von deutschen Verhältnissen der Politik und der Rechtsetzung aus, allein, das Meiste ist auch auf österreichische Verhältnisse übertragbar und erscheint bekannt – so etwa im Aufsatz „Elemente symbolischer Umweltpolitik im Abfallrecht“ von Alexander Schink. Dessen Schlussfolgerungen scheinen überhaupt auf die Umweltpolitik generell   horribile dictu, auf die gesamte Politik?   zuzutreffen, etwa wenn er meint: „Dabei geht es freilich nicht immer darum, Sachprobleme tatsächlich zu bewältigen. Nicht selten kommt es dem Gesetz- oder Verordnungsgeber nur darauf an, zu demonstrieren, dass der Staat handlungsfähig und in der Lage ist, sich der Probleme und Sorgen, der Erwartungen und Hoffnungen der Bürger anzunehmen.“ (S. 102)

Die durchwegs auf sehr hohem argumentativem Niveau stehenden Beiträge zeichnen sich durch sorgsames Abwägen und differenzierte Betrachtung aus. Wieder Schink: „Freilich: Symbolische Gesetzgebung muss nicht stets bloßer Aktionismus sein. Ihr Sinn kann auch sein, Ziele zu setzen, Probleme zu verdeutlichen und Wege und Methoden anzugeben, durch die Umweltprobleme gelöst werden können.“ (S. 103).

Besondere Aufmerksamkeit verdient der Beitrag von Bernd Hansjürgens („Symbolische Umweltpolitik; Eine Erklärung aus Sicht der neuen politischen Ökonomie“), der die These, dass „obwohl die Handlungen in der Umweltpolitik widersprüchlich erscheinen, da sie Ergebnis rationaler Verhaltensweisen von auf Wiederwahl bedachter Politiker sind“ (S.145), aufstellt und eine Begründung aus ökonomischer Sicht versucht.

Die Analyse der Umweltpolitik der Europäischen Union führt Helmut Karl zu dem Schluss, dass „symbolisches Handeln nicht generell die europäische Umweltpolitik dominiert“ (S. 208); symbolisches Handeln ortet er am ehesten im Ministerrat (S. 212); unklar bleibt, ob dies als gute Nachricht zu werten ist...

Einige Beiträge (z. B. jener über „Verfassungsmäßige Grenzen symbolischer Umweltpolitik“) verwenden sehr komplexe juristische Argumente, die ohne tiefere Kenntnisse der Materie nur schwer nachzuvollziehen sind, wie insgesamt die Aufsätze in einer sehr wissenschaftlichen Diktion gehalten sind.

Auch wenn es sich nicht leicht liest, ist es doch ein lehrreiches Buch für alle, die (bloß) symbolische Umweltpolitik erkennen und/oder vermeiden wollen. Zu bedauern ist lediglich, dass über die einzelnen AutorInnen nichts verraten wird, und dass der traditionell zu kleine Druck der Suhrkamp Wissenschaftstaschenbücher das (abendliche) Lesen erschwert. Auch der Fußnotentango ist nicht unbedingt angetan, das Lesevergnügen zu steigern. Insgesamt jedoch ein wichtiges Buch, schärft es doch die Aufmerksamkeit für viele Aspekte, die teilweise weit über das Umweltrecht hinausgehen. Es sind ihm viele LeserInnen zu wünschen   nicht so sehr unter den PolitikerInnen (denn diese sind in ihrer eigenen Logik gefangen), sondern unter der Beamtenschaft, die sehr oft die Voraussetzungen symbolischer Umweltpolitik schafft, und unter den MitarbeiterInnen der so schön genannten NGO´s, um den Finger auf die problematische Aspekte zu legen und denselben von den positiven Aspekten der Umweltpolitik mit Symbolen) zu lassen. G. Sp.

Symbolische Umweltpolitik. Hrsg. v. Bernd Hansjürgens ... Frankfurt/M.: Suhrkamp 2000. 319 S. (stwt, 1486)DM 24,90 / sFr 23,- / öS 181,-