Vanessa Nakate

Unser Haus steht längst in Flammen

Ausgabe: 2022 | 2
Unser Haus steht längst in Flammen

Vanessa Nakate war Studentin der Betriebswirtschaftslehre an der Universität Kampala und arbeitete im elterlichen Betrieb, einem Batteriegeschäft, als sie 2019 von Greta Thunberg und dem menschengemachten Klimawandel erfuhr. Sie informierte sich mehr über die Zusammenhänge von zunehmenden Extremwettererscheinungen in ihrem Land und dem anthropogenen Treibhauseffekt. So begann sie – wie Greta Thunberg – mit Klimastreiks in ihrer Stadt. Zunächst nur unterstützt von ihren Geschwistern, kamen dann Freunde dazu. Via Social Media postete sie ihre kleinen Aktionen. Anfangs mit wenig Echo. Aber nachdem ihr Vorbild Greta Thunberg die Aktionen ihren hunderttausenden Followern bekanntmachte, zogen die Aktivitäten der 22-jährigen Studentin aus Uganda weitere Kreise. Sie wurde noch im selben Jahr zu einer UNO-Konferenz in New York eingeladen, nahm dort am weltweiten Klimastreik teil, dann auch – auf Einladung von Greenpeace – bei der Klimakonferenz in Madrid und schließlich beim Weltwirtschaftsforum in Davos 2020, eingeladen von einer NGO, die das Abschmelzen des Polareises thematisiert. Es folgte die Gründung der NGO Rise Up Climate Movement und des Vash Green Schools Project, das sich zum Ziel gesetzt hat, alle 24.000 Schulen Ugandas mit Solaranlagen auszustatten. Vanessa Nakate hat die Save Congo Rainforest-Kampagne angeführt. Die Vereinten Nationen ernannten sie 2020 zu einer der Young Leaders, die an den Zielen für nachhaltige Entwicklung mitwirkten. Das TIME-Magazin nahm sie 2021 in seine Time100 Next-Liste auf. Eine steile Karriere einer Klimaaktivistin, die Bildung für einen Schlüssel zur Veränderung hält: „Ich trete deshalb so leidenschaftlich für Schulbildung ein, weil ich selbst stark davon profitiert habe. Außerdem ist die Bildung von Mädchen eine entscheidende Möglichkeit, die Klimakrise zu thematisieren und für eine gerechtere Welt zu sorgen.“ (S. 133)

Umweltengagement und Enttäuschung über Politik

In ihrem beeindruckenden Buch schildert die junge Aktivistin ihr Hineinwachsen in das Klima-Engagement, ihre Recherchen über die Zusammenhänge des wirtschaftlichen Raubbaus mit der Zerstörung von Lebensgrundlagen ihrer Landsleute, etwa durch die Abholzung des Kongo-Regenwaldes, sowie ihre Erfahrungen auf den internationalen Konferenzen. So war sie von den Vereinten Nationen zwar nach New York eingeladen worden, stand dort aber mit den 150 Dollar, die sie von ihrem Vater mitbekommen hatte, allein am Flughafen. Während der Konferenz war sie von der offiziellen ugandischen Delegation zu einem üppigen Frühstücksbuffet geladen, die Versprechungen der anwesenden Politiker:innen, ihre Aktivitäten ernst zu nehmen, blieben jedoch leer: „Leider reagierte der Vorsitzende des Klimakomitees später auf keinen einzigen meiner Anrufe, und auch der Delegierte, der mich explizit dazu aufgefordert hatte, mich weiter zu engagieren, reagierte auf keinen einzigen meiner Versuche, mit ihm in Kontakt zu treten.“ (S. 59) Freundlicher war die Betreuung durch Greenpeace bei der Konferenz in Madrid, wo Nakate viele andere Aktivist:innen auch aus Afrika kennenlernte. Und in Davos folgte der Eklat und ihre Sensibilisierung für Rassismus. American Express hatte sie von einem Bild, das sie mit vier weißen Aktivistinnen bei einem Interview zeigen sollte, herausgeschnitten und auch ihre Aussagen unter den Tisch gekehrt. Das von Nakate gepostete Protestvideo schlug dann auf Social Media breite Wellen, es gab zahlreiche Anfragen von Presse- und Fernsehleuten, American Press sah sich genötigt, das volle Bild freizugeben.

Zur Zerstörung von Lebensgrundlagen

Soweit einige der Schilderungen der Autorin aus ihren Erfahrungen als Klimaaktivistin. Das Buch zeigt, wieviel Umweltengagement es in Afrika mittlerweile gibt – die zitierten Initiativen werden im Anhang aufgelistet – und wie sich die Klimaaktivist:innen international über Social Media vernetzen. Ein Buch, das aber auch nahebringt, wie stark der Klimawandel die Lebensgrundlagen von Menschen in Afrika zerstört – und zwar bereits jetzt. Nakate dazu: „Obwohl Afrika 15 Prozent der Weltbevölkerung beheimatet, ist der Kontinent lediglich für 2-3 Prozent der energiebedingten CO2-Emissionen verantwortlich. […] Trotzdem muss Afrika laut der Afrikanischen Entwicklungsbank beinahe die Hälfte der Kosten der Anpassung an die Konsequenzen des Klimawandels schultern.“ (S. 10f.). Sieben der zehn am meisten vom Klimawandel betroffenen Länder liegen in Afrika. Nakate weiter: „Eine Erderwärmung um 2 Grad Celsius ist für Länder wie Uganda das Todesurteil.“ Auch das ist Rassismus. 

Das Buch von Vanessa Nakate reiht sich ein in die mittlerweile zahlreichen Publikationen von Klimaaktivist:innen, die sich nicht nur mit Streiks, sondern auch durch ihr Wissen und ihre Artikulationsfähigkeit auszeichnen.  Zeichen der Hoffnung für eine bessere Zukunft, die von der Politik nur aufgegriffen werden müssen!