
Jürgen Rahmig: Der Kampf ums Wasser
Jürgen Rahmig ist seit über 40 Jahren Redakteur beim Reutlinger General-Anzeiger, schreibt für das Nachrichten- und Politik-Ressort und hat ein starkes Interesse für sicherheitspolitische Fragen. In diesen Kontext stellt er denn auch sein Buch, das uns auf eine Reise rund um die Welt zu vielen Schauplätzen mitnimmt, an denen Wasser im Zentrum politischer, gesellschaftlicher oder auch militärischer Auseinandersetzungen steht. Viele Fakten sind bekannt, dennoch erstaunt es, wie viele Krisenplätze der Welt eng mit dem Thema Wasser verzahnt sind.
Die Kapitelzusammenstellung erscheint ein bisschen willkürlich, da sie weder thematisch noch regional zwingend ist. Überall geht es letztlich darum, dass Wasser durch Übernutzung knapper wird – es wird heute weltweit sechsmal mehr Wasser verbraucht als vor 100 Jahren – und dann als Machtinstrument im Innern oder auch im Äußeren wirken kann bzw. bewusst eingesetzt werden kann. Kaum ein wasserbezogenes Thema, das in diesem umfassenden Werk (mit 885 Fußnoten) nicht behandelt wird, von den Tausende Jahre alten Qanat-Wassersystemen im Iran über den vertrockneten Aralsee, vom abschmelzenden Grönlandeis bis zum Amazonasbecken, oder vom austrocknenden Colorado in den USA bis zum Drei-Schluchten-Staudamm in China.
Den sicherheitspolitisch engagierten Autor interessieren besonders solche Situationen, in denen Wasser die Ursache von übernationalen Konflikten ist oder zu werden droht. Beispiele, die er dafür anführt und mit interessanten regionalen Karten unterlegt, sind u. a. die Situationen am Nil (Auswirkungen des äthiopischen GERD-Staudamms auf die Wasserversorgung im Sudan und in Ägypten), an Euphrat und Tigris (wo am Oberlauf die Türkei über die nach Syrien und den Irak gelangenden Wassermengen entscheidet) oder auch am Brahmaputra (wo sich China, Indien und Bangladesch gegenüberstehen). Und überall gilt die gleiche Diagnose: „je knapper die lebenswichtige Ressource Süßwasser wird, umso wahrscheinlicher sind Verteilungskonflikte und andere Streitigkeiten, wenn Interessen aufeinanderprallen“ (S. 245).
Angesichts der Zunahme von Wasserkrisen und ihren Folgen (z. B. massive Migration, Hunger, militärische Auseinandersetzungen) spricht sich der Autor für eine stärkere Verzahnung von Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik aus und setzt sich – mit Blick auf Deutschland – für die Einsetzung eines Nationalen Sicherheitsrates als ständiges Gremium ein.