Umweltschutz, Wirtschaft und Arbeit verknüpfen

Ausgabe: 1995 | 2

"Das Thema Umwelt hat politisch nur eine Chance, wenn es mit Fragen der Wirtschaft und der Arbeit verknüpft wird", so die Überzeugung Ernst U. v. Weizsäckers im Vorwort dieses von einem Autorenteam des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie erstellten Bandes, der "Argumente gegen die ökologische Phantasielosigkeit" zusammenträgt. Angegangen wird gegen die noch immer vorherrschende Meinung, daß Umweltschutz in Zeiten wirtschaftlicher Rezession leiser treten müsse.

Wie können umweltbelastende Wirtschaftsaktivitäten verteuert und die Kosten für menschliche Arbeitskraft verbilligt werden? Wie läßt sich eine Verkehrswende einleiten, die Fußgänger, Radfahrer, Busse und Bahnen wieder in den Mittelpunkt stellt? Wie kann der Güterverkehr reduziert werden und die Wirtschaft dabei gewinnen? Wie kann Energiesparen zum Geschäft werden? Auf diese und ähnliche Fragen geben die Mitarbeiterinnen der nordrheinwestfälischen “Denkfabrik" in Sachen Ökologie Antworten.

Bereits vielfach diskutiert, aber noch immer der Realisierung harrende Konzepte wie eine ökosoziale Steuerreform, Least-Cost-Planning in der Energiewirtschaft und der Umstieg auf Alternativenergien werden ebenso vorgestellt wie noch weniger bekannte Umdenkstrategien: so zum Beispiel das sogenannte “contractino". das nicht mehr Produkte, sondern Dienstleistungen (z. B. Wärme statt Heizöl, Mobilität statt Autos) zur Verfügung stellt, oder das vom “Wuppertaler" Friedrich Schmidt-Bleek entwickelte MIPS-Konzept, das Produkte und Dienstleistungen nach der Menge des benötigten Gesamtmaterialumsatzes bemißt und auf eine “dernaterialisierung" der Wertschöpfung zielt.

Da eine “Effizienzrevolution" mit einer "Suffizienzrevolution" einhergehen müsse, sollten die ressourcenschonenden Verbesserungen der Technik nicht durch Mehrkonsum wieder aufgehoben werden, schließt der Band konsequenterweise mit Überlegungen zu neuen Wohlstandsmodellen, wobei u. a. einer Neubestimmung der “Arbeitsqesellschaft" sowie einer (wieder) zu findenden "Kultur des Genießens" das Wort geredet wird. Wenn Ideen vorerst nicht realisierte Möglichkeiten darstellen, die sich in demokratischen Gesellschaften dem öffentlichen Diskurs stellen müssen, um je die Chance auf Umsetzung zu erhalten, so leistet das vorliegende Buch hierfür einen wertvollen Beitrag.

H.H.

Umweltstandort Deutschland. Argumente gegen die ökologische Phantasielosigkeit. Hrsg. v. Ernst U. v. Weizsäcker. Berlin (u.a.): Birkhäuser, 7994. 344 S. (Wuppertal Paperbacks) DM 79,80/ sFr 79,80/ öS 747,-