Transit-Saga

Ausgabe: 1993 | 2

1987 wurden erstmals mehr als 1 Million LKW gezählt, die das Nadelöhr des Transits zwischen dem Europa nördlich und südlich der Alpen, die Inntal-Brenner-Route, passiert haben. Mehr als eine Million Schilling hat auch das Polizeiaufgebot bei einer im selben Jahr von Tiroler Bürgerinitiativen durchgeführten Protestaktion nahe der Brennerautobahn, deren illegale Blockade befürchtet worden war, gekostet. Die LKW-Kolonnen sollten bleiben, sich ändern aber die Einstellung der offiziellen Landespolitik. Bereits 1988 haben sich Bürgermeister betroffener Gemeinden für Blockaden ausgesprochen; eine am 12. 4. 1991 im Zuge der Transitverhandlungen Österreichs mit der EG stattgefundene halbstündige Totalblockade der Inntalautobahn wurde sogar vom Tiroler Landeshauptmann unterstützt. Als eine der vitalsten Bürgerbewegungen in Österreich seit 1945 bezeichnen die Autoren den Tiroler Transitwiderstand. Sehr anschaulich zeichnen die beiden Innsbrucker Politikwissenschaftler die Entstehung der Proteste, das Agieren der Bürgerinitiativen, das "Einsteigen" der Medien sowie die Gewinnung (und das "Aufspringen") von Politikern nach. Im Zentrum stehen der Kampf um das letztlich erreichte, wenn auch "durchlöcherte" LKW-Nachtfahrverbot sowie die Transitverhandlungen Österreichs mit der EG, die 1992 mit einem Transitvertrag vorerst abgeschlossen wurden. Die vorliegende Analyse vermittelt auch wesentliche Grundlagen der österreichischen und europäischen Verkehrspolitik und macht immer wieder Interessenkonflikte etwa zwischen Bürgern und Wirtschaftsverbänden deutlich, die nicht selten in Mehrfachfunktionen tätige Politiker in die Zwickmühle geraten lassen. Daß einer der Autoren selbst zu den aktiven Mitgliedern des „Tiroler Transitwiderstandes" zählt, ist der Arbeit keineswegs abträglich, vielmehr findet dadurch die "Politik von unten" die ihr gebührende Berücksichtigung. H. H.

Sickinger, Hubert; Hussl, Richard: Transit-Saga. Bürgerwiderstand am Auspuff Europas. Thaur: KulturVerl., 1993.246 S. (Umweltforum Innsbruck), DM 28,-/ sFr 22,- / öS 198