Teilzeitarbeit in westeuropäischen Ländern

Ausgabe: 1997 | 4

In diesem Band geben SozialwissenschaftlerInnen und Gewerkschafterinnen Einblick in die Situation von TeilzeitarbeiterInnen in 16 westeuropäischen Ländern, wobei Utopie und Realität der Teilzeitarbeit eindringlich dargestellt werden. Zwei Hoffnungen werden mit Teilzeitarbeit verbunden: zum einen die gerechtere Verteilung der (rar gewordenen) Erwerbsmöglichkeiten; zum anderen - und hier liegt der Schwerpunkt des Bandes - eine Angleichung der Erwerbs- und Reproduktionsarbeit zwischen den Geschlechtern. Das ideale Modell skizziert eine der jeweiligen Lebensphase angepaßte Arbeitszeit. Eltern kleiner Kinder hätten durch Teilzeitarbeit die Möglichkeit, sich Haus- und Kindererziehungsarbeit zu teilen. Frauen hätten die Chance, nicht ganz aus dem Beruf aussteigen zu müssen. Männer könnten sich mehr um ihre Kinder kümmern. Die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung wäre aufgehoben oder zumindest gelindert. In allen hier angesprochenen westeuropäischen Ländern steigt die Zahl der Teilzeitbeschäftigten. Die Beiträge zeigen aber deutlich auf, daß der Effekt dieser Steigerung vor allem die herkömmliche Segregation des Arbeitsmarktes bestärkt und kaum zu mehr Gerechtigkeit für Frauen beiträgt: Teilzeitarbeiterinnen sind zum Großteil (durchschnittlich 83,5%) Frauen. Teilzeitarbeit gibt es vor allem in Bereichen, die wenig Qualifikation erfordern und schlecht bezahlt sind (v.a. Reinigungssektor, Einzelhandel, Gastgewerbe, Dienstleistungsbereich, ...).Viele TeilzeitarbeiterInnen können von ihrem Lohn die Lebenshaltungskosten nicht bestreiten und sind von Angehörigen oder staatlichen Sozialleistungen abhängig. Da auch die Pensionshöhe vom Verdienst abhängig ist, könnten sie die neuen Armen werden: „You are poor when you work and you will be even poorer when you retire." (S. 175) Das Ausmaß der Arbeitszeit ist auch das Kriterium für den Wert der Arbeit, beeinflußt die Wichtigkeit und Sicherheit des Jobs. und nicht zuletzt die Karriereaussichten. Doch davon meist keine Spur, denn Frauen bleiben durch Teilzeitarbeit oft in der Rolle der abhängigen Dazuverdienerin. Klar wird, daß Teilzeitarbeit zu mehr Gerechtigkeit erst beitragen kann, wenn in der Politik und in den Führungsebenen der Betriebe nicht mehr die männliche Normalbiographie mit der unterstützenden Ehefrau die Norm ist. Frauen mit Kindern müssen auch in diesem Bereich mitbestimmen können; und Männer in Machtpositionen müssen ihre Arbeitszeit zugunsten ihrer ”Familienzeit" einschränken wollen und können. Die unterschiedliche Struktur der Beiträge und vor allem die sehr uneinheitlichen Datenquellen machen Ländervergleiche schwierig. Leider fehlt auch eine Reflexion der Gesamtsituation in den angesprochenen Ländern und Überlegungen zu einer koordinierten Strategie. Dennoch gibt der Band wichtige Einblicke in eine zentrale Thematik der Zeit. S. A.

Part- Time Work in Europe: Gender, Jobs and Opportunities. Hrsg. v. Martina Klein. Frankfurt/M (u.e): CampusVerl., 1997. 233S.