SMALL. Warum weniger besser ist und was wir dazu wissen sollten

Ausgabe: 2012 | 3

Von einer „großen Transformation“ spricht auch Werner Mittelstaedt in seiner Publikation „SMALL“. Der Titel verweist auf ein Wortspiel des Autors. „SMALL“ soll signalisieren, dass es eng werde auf dem Planeten bzw. für viele bereits ist, etwa die Hungernden. Es steht als Synonym für Nicht-Zukunftsfähigkeit. Dem stellt Mittelstaedt die Programmatik des „small“ gegenüber – im Sinne von klein, dezentral, ressourcenleicht. Der Zukunftsforscher gibt im ersten Teil empirische Befunde über sechs Megatrends für „SMALL“ – starkes Bevölkerungswachstum, globaler Klimawandel, ungebremster Ressourcenverbrauch, Bodendegeneration und Flächenverbrauch, Abnahme der Biodiversität und Biokapazität der Erde sowie schließlich die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich. Im zweiten Teil führt er seine Zukunftsformel „SMALL to small“ mit insgesamt 111 Kriterien für einen Wandel von „nicht zukunftsfähig“ hin zu „zukunftsfähig“ aus. Diese reichen von allgemeinen Prinzipien wie „Qualitatives, organisches Wachstum“ statt „quantitatives Wachstum“ oder „Small, smaller, smallest wo immer möglich“ statt „Big, bigger, biggest dominiert“ über Werthaltungen wie „Wahrnehmung von Eigeninteressen in Einklang mit den Gesamtinteressen“ statt „Weit verbreitetes Konkurrenzdenken“ bis hin zu ganz konkreten Vorschlägen wie „drastische Verteuerung fossiler Energieträger“ (statt „zu niedrige Preise“), „Genossenschaftsbanken und öffentlich-rechtliche Kreditinstitute“ (statt „Großbanken“) oder „keine neuen Gewerbegebiete“ (statt „Ungebremster Trend zur Errichtung neuer Gewerbegebiete“). Mittelstaedt listet eine Vielzahl auch in anderen Nachhaltigkeitspublikationen zu findende Maßnahmen auf – wertvoll ist jedoch die integrierende Zusammenschau.

 

Und der Autor stellt sich auch der Frage, wie die Maßnahmen umgesetzt werden sollen. Ähnlich dem WGBU hofft er hier auf eine Wechselwirkung zwischen kritischer werdenden BürgerInnen und sich verändernden Politik- und Wirtschaftsstrukturen. Jeder einzelne könne „völlig unabhängig von Politik und Wirtschaft mit small auf SMALL reagieren und agieren“ (S. 157), ist der Autor überzeugt und verweist dabei auf Gandhis Motto „Sei selbst die Veränderung, die du dir wünscht“. Doch seien uns als Einzelne Grenzen gesetzt – etwa durch Abhängigkeiten von Arbeitgebern oder falschen Anreizstrukturen. Die wesentlichen Impulse müssten daher von den EntscheidungsträgerInnen kommen: „Wenn diejenigen, die Politik und Wirtschaft gestalten, die Strukturen so verändern, dass sie dem Leitbild der nachhaltigen Entwicklung entsprechen, dann kann auch die ´breite Masse´ ihr Leben so einrichten, dass es nicht SMALL, sondern small entsprechen würde.“ (S. 157). Dabei könne aber nicht auf globale Übereinkünfte gewartet werden, sondern einzelne Staaten des Nordens sollten vorangehen, selbst den Kurswechsel einleiten und auch die Länder des Südens auf dem Weg einer sinnvollen Entwicklung unterstützen. Mittelstaedt setzt zum einen auf starke Persönlichkeiten mit Einfluss und Charisma – als Beispiel nennt er Barack Obama, zum anderen auf die vielen Experimente für eine nachhaltigere Welt, die bereits vorhanden sind. Es gäbe genügend Menschen mit Know How und Erfahrungen. Diese müssten „stark gemacht“ werden, „viel mehr Aufmerksamkeit erhalten und umfassend gefördert werden“ (S. 175). Notwendig seien attraktive Zukunftsbilder sowie breite Konsense für nachhaltige Umsteuerung – die eingeleitete „Energiewende“ in Deutschland ist für den Autor dabei ein positives Beispiel. Mittelstaedt weiß um die „Gegenkräfte“ (S. 171), die den notwendigen Wandel behindern. Ihm ist jedoch zuzustimmen, dass heute „small“ nicht mehr „beautiful“ (im Sinne von E. F. Schumacher), sondern „unbedingt notwendig“ (S. 136) ist. Das vorliegende Buch, das mit 12 vorausblickenden Thesen sowie einem „Glossar für das Wissen von morgen“ endet, trägt einmal mehr zu dem hierfür notwendigen Bewusstseinswandel bei. H. H.

 

 

 

Mittelstaedt, Werner: SMALL. Warum weniger besser ist und was wir dazu wissen sollten. Frankfurt/M.: P. Lang, 2012. 266 S., € 29,95€ [D], 30,80[A], sFr 34,-

 

ISBN 978-3-631-61953-7