Retten wir den Euro

Ausgabe: 2012 | 2

„Retten wir den Euro“, so der Titel des neuen Buchs des österreichischen Wirtschaftspublizisten Christian Felber, in dem er vier mögliche Wege zum Ziel, nämlich der Stabilisierung des Euro-Wirtschaftsraums, aufzeigt. Nur einen davon hält der Autor für langfristig sinnvoll und machbar. Die erste Strategie besteht in der Übernahme der Schulden der einen Mitgliedsländer durch andere via Rettungsschirm, was ja bisher versucht wird. Felber hält – anders als Marterbauer – davon nichts: Die bisherigen Rettungsschirme sind für ihn in Wahrheit „Bankenauffangschirme“ (S. 35), die jedoch durch die Zunahme der Staatsverschuldung die Retter selbst mit in den Abgrund reißen könnten. Ein zweiter Weg bestünde in der Streichung der Schulden, was „an sich gerecht“, aber nicht möglich sei, da es nach wie vor „systemrelevante Banken“ gibt: Ein Schuldenschnitt würde zu einer Kettenreaktion führen, die Staaten und Banken (weltweit) in die Insolvenz reißt“ (S. 11) Die dritte Strategie, die „Inflationierung der Schulden“, hält Felber für einen „äußerst riskanten und nicht empfehlenswerten Ausweg“ (ebd.), der jedoch mit dem Scheitern von Ausweg 1 und 2 wahrscheinlicher würde. „Mindestkollateralschaden: die Vernichtung aller Finanzvermögen im gleichen Ausmaß, in dem die Schulden entwertet werden. Worst Case: Währungsreform und Rückkehr zu D-Mark und Schilling“ (ebd.). Bliebe die vierte Option – da trifft sich Felber mit Marterbauer: „die Tilgung der Schulden über EU-weite Finanztransaktions-, Vermögens-, Kapitalertrags- und Gewinnsteuern“ (ebd.).

 

Diese würden endlich die Krisenverursacher und -profiteure in die Verantwortung nehmen, und, so fügt Felber hinzu „ihnen auch nützen“, da so das Finanzsystem wieder auf stabilere Beine gestellt werden könnte. Eurobonds und die Garantie von Staatsanleihen durch die EZB hätten für den Autor nur Sinn in Verbindung mit einer Abtragung der Schulden durch EU-weite Steuern: „So würde die Geldmenge verringert, das Geld wieder ´vernichtet´. Es wäre das einzige sichere Rettungsprogramm für den Euro.“ (S. 54)

 

 

 

Koordinierte Steuerpolitik

 

Felber beschreibt in der Folge diese „koordinierte Steuerpolitik“ im Gegenzug für garantierte Staatsanleihen. Vergemeinschaftet würden weder Lohn- noch Konsumsteuern, sondern Abgaben auf „mobile Steuerfaktoren“. Vier Steuern fallen laut Autor darunter: die Finanztransaktionssteuer, eine Vermögenssubstanzsteuer auf Großvermögen („zum Beispiel über einer Million Euro“), eine Kapitalertragssteuer sowie Mindestkörperschafts-Steuern, die der Steuerflucht großer Kapitalgesellschaften entgegenwirken würden (S. 57ff). Felber setzt – wie übrigens Franz Josef Radermacher (s. PZ 2011/3) – auf die Einsicht der Vermögenden im eigenen Interesse: „Hand aufs Herz: Wenn Sie schwervermögend sind und sich aussuchen dürfen, ob sie für einige Jahre zwei Prozent Vermögenssteuer beitragen oder lieber a) den Zusammenbruch des Euro, b) das Ende der EU, c) Hyperinflation oder d) eine Währungsreform mit großer Vermögensvernichtung wollen, wäre dann die Vermögensabgabe nicht das kleinere Übel?“ (S. 63)

 

Der Wirtschaftsexperte von Attac schlägt folgerichtig vor, dass die EZB das Geld nicht mehr über die Banken ausgeben soll („verzinste Eurobonds“), sondern direkt als Kredite an die Staaten: „Mit dem Zugang von Staaten zur Zentralbank würde Geld ein wenig mehr zu einem – demokratisch kontrollierten – öffentlichen Gut.“ (S. 74). Ein Anliegen, dem sich Felber ja seit einigen Jahren mit der Initiative einer „Demokratischen Bank“ widmet und welches selbstverständlich auch in seinem neuen Buch dargestellt wird. Dazu gehört für den Autor die Schließung des „Schattenbankensystems“ ebenso wie das „Verbot von Fonds“ oder die „Abschaffung der Börsen“ (!) und selbstredend eine „Begrenzung der Ungleichheit“.

 

Felber macht schließlich auch Vorschläge für eine Demokratisierung der EU durch die Stärkung des EU-Parlaments sowie direktdemokratischer Elemente. Eine tatsächliche „Wirtschaftsdemokratie“ würde letztlich in eine „Gemeinwohl-

 

ökonomie“ münden, in der nicht mehr Gewinn, sondern ökologische und soziale Ziele das ausschlagende Kriterium wären. Wie ein solches Wirtschaftsmodell im Detail aussehen könnte, beschreibt Felber in dem soeben in erweiterter Neuauflage erschienenen Band „Gemeinwohlökonomie“. H. H.

 

 

 

Felber, Christian: Retten wir den Euro. Wien. Deuticke, 2012. 155 S., € 10,00 [D], 10,30 [A], sFr 14,-ISBN 978-3-552-06187-3

 

Felber, Christian: Gemeinwohl-Ökonomie. Eine demokratische Alternative wächst. Wien: Deuticke,

 

2012 (akt. Neuausgabe). 207 S.,  € 17.90 [D], 18,40 [A], sFr 25.10 ; ISBN 978-3-552-06188-0 (www.gemeinwohl.org)