In den Jahren 2007-2008 kam es in Kenia zu einem starken Anstieg der Nutzung neuer mobiler Zahlungsdienstleistungen. Diese hatten sich auf Wertgutscheinen für Mobilfunknutzung entwickelt. Diese Gutschriften wurden (digital) geteilt, verkauft, es wurde mit ihnen bezahlt. In der Folge hatte sich darauf aufbauend eine eigene Zahlweise für alles Mögliche entwickelt, die einfach und mobil war, sie stellte sich als weitgehend sicher heraus, und da die Mobilfunknutzung auch abgelegene Gebiete erreichte, brachte sie Geldnutzung auch an Orte, die bisher vom Bankensystem kaum erschlossen waren. Die Umwechslung dieser digitalen Gutschriften in Banknoten erfolgte über ein eigenes System lokaler Händler, die hier zusätzlich verdienten.
Sibel Kusimba erklärt, dass nicht die Technik an sich die Besonderheit darstellt, sondern wie kulturelle Praktiken sich in der Nutzung des Geldsystems ausdrückten. „Money transfer has become a deep part of Kenyan national identity and cultural wealth, and a medium of everyday relations of friendship and intimacy. Remittances are bringing more money into rural areas through family networks, shaped by distributional labors of grandmothers, young men, and others. Innovative group finance models such as family networks, cooperatives, savings clubs, solidarity entrepreneurialism, and fundraising are capturing aspirations for success.“ (S. 176f.) All das kann nur funktionieren, wenn Geldwerte in dieses System eingespeist werden. In Zeiten von Covid-19 kam es hier zu Krisen.
Das Buch argumentiert aber vor allem, dass sich in all diesen Entwicklungen die soziale Bedeutung des Geldes in Kenia in der Form des „wealth-in-people“ ausdrückt. Darunter versteht die Autorin eine Lebenswelt, in der Ansprüche gegenüber anderen Menschen eine wichtige Basis für das eigene Prestige, die eigene Macht und den eigenen Zugang zu Ressourcen sind. Diese Ansprüche können sich auf die Arbeitskraft eines anderen, Unterstützung, Reproduktion oder Eigentum beziehen. Geld, nun in dieser einfach zugänglichen digitalen Version, dient dazu, diese Beziehung in Form der Verpflichtung, der Schuld oder der Allianz mit anderen zu etablieren.
Diese Herangehensweise führt logischerweise zur Kombination des eigenen Wohlergehens mit dem anderer. „This is not a zero-sum game. Rather the goal is to be part of a constellation of ties, toward a collective upliftment.“ (S. 179)