Natascha Strobl

Radikalisierter Konservatismus

Ausgabe: 2022 | 4
Radikalisierter Konservatismus

In einer so tiefgehenden wie beklemmenden Analyse befasst sich die Politikwissenschaftlerin und Publizistin Natascha Strobl mit dem von ihr ausgemachten radikalisierten Konservatismus. Nach einer Art Vorgeschichte, also einem Rückblick auf die Entwicklung des „klassischen“ Konservatismus, den sie als antiegalitär, antirevolutionär und klassenharmonisierend, ordnungslieb und eigentumsfixiert charakterisiert, wendet sich die Autorin vor allem dem Mischspektrum zwischen Faschismus und Konservatismus zu. Vollziehen konservative Parteien angetrieben von einer Dynamik roher Bürgerlichkeit eine Bewegung zum Rechtsextremismus – so Strobl – entstehe radikalisierter Konservativismus.

Diese theoretische Überlegung verdeutlicht die Politologin im Hauptteil ihres Buchs vor allem an den Fallbeispielen Donald Trump und Sebastian Kurz und der unter ihrer Federführung erfolgten Transformation konservativer Großparteien in den vergangenen Jahren. In sechs Schritten beschreibt sie dabei unterschiedliche Strategien, die politische Akteur:innen des radikalisierten Konservatismus nutzen. So entlarvt Strobl beispielsweise mit Blick auf bewusst gesetzte Regel- bzw. Tabubrüche radikalisierter Konservativer die Annahme, man könne Politiker:innen wie Trump durch Transparenz, Investigativjournalismus etc. besiegen, zurecht als gut gemeint, aber naiv. Sie geht in weiterer Folge unter anderem auch auf die gezielt geschürte gesellschaftliche Polarisierung und die Fokussierung auf Führungspersonen, die gleichzeitig als Projektionsflächen dienen und sich je nach Laune als „Retter“, „Opfer“ oder auch „Erlöser“ inszenieren, ein.

Im abschließenden Ausblick wirft Strobl zunächst einen Blick zurück in die Zwischenkriegszeit und macht hier mit Verweis auf die Weimarer Republik und das „schwarze Wien“ Parallelen ins Heute aus. So spannend diese historische Zusammenschau grundsätzlich ist, hätte dem Buch an dieser Stelle doch eine etwas tiefergehende Argumentation dieser Vergleichbarkeit gutgetan.

Das bleibt aber eines von ganz wenigen Mankos des Buchs – der abschließende Ausblick, der eine (wenn auch knappe) dem radikalisierten Konservativismus entgegengesetzte Perspektive für progressive und linke Kräfte versucht, tut nach der Lektüre von Strobls überzeugender Analyse gut.