Psychologische Perspektiven für Wohlbefinden in der Stadt

Ausgabe: 1995 | 4

Explizit wertorientiert und um einen ganzheitlichen Ansatz bemüht, versteht sich das um den Begriff “Wellness" angesiedelte Forschungsfeld als Ergänzung städtebaulicher, architektonischer, raumordnerischer u. a. im urbanen Umfeld angesiedelter Professionen. Wie der am psychologischen Institut der Universität Salzburg wirkende Herausgeber in einem Forschungsüberblick darlegt, ist zwar die (europäische) Tradition städteplanerischer Utopien weitgehend beendet, doch wird - nicht zuletzt im Umfeld der Bemühungen um ökologische Stadterneuerung und das "Healthy Cities" -Projekt der WHO - dem hier thematisierten Aspekt wachsende Aufmerksamkeit zuteil.

In seinem Beitrag plädiert Manfred Fischer für die weitergehende Verknüpfung von umwelt- und gesundheitspsychologischer Betrachtung, um Wechselwirkungen zwischen Gesundheitsverhalten, Wohlbefinden und Umweltbedingungen in räumlich-zeitlichen, sozialen und individuellen Kontexten auszuleuchten. Wie im folgenden Elisabeth Kais darlegt, werden Gesundheits- und Risikoverhalten vorwiegend subjektbezogen, Umweltaspekte aber moralbezogen definiert, so daß die Zusammenhänge oft nicht genügend verdeutlicht werden. Der Analyse von Wohnung und Wohnumgebung (R. Waiden) sowie Aspekten der Mobilität unter dem Gesichtspunkt umweltverträglicher und gesundheitsfördernder Fortbewegung (L. Schmidt) wird ebenso nachgegangen wie den aktuellen Anforderungen an die Erforschung und Sicherstellung von Arbeitsumweltbedingungen. Wie A.-M. Metz in diesem Zusammenhang ausführt, ist Gegenstand der Disziplin nicht allein das Fehlen gesundheitsschädlicher Substanzen am Arbeitsplatz, sondern die Gewährleistung auch psychologisch gesundheitsfördernder Arbeitsbedingungen.

Weitere Themen des in erster Linie für Fachleute konzipierten Bandes sind der Zusammenhang von Freizeit und Urbanität, die (stets subjektive) Wahrnehmung von Wetter, Klima und Klimatisierung im städtischen Kontext (A. G. Keul) und die Qualität des Städtischen für Randgruppen (Jugendliche und Behinderte). Der Titel wird abgerundet durch eine Skizze sozialer Faktoren urbaner Lebensqualität und deren Verortung in bezug auf Lebenszufriedenheit (R. Maderthaner) sowie eine überzeugende Synthese des Herausgebers, in der sich dieser zugleich kritisch und wohlwollend mit dem Healthy Cities-Konzept auseinandersetzt. Insgesamt ein Buch, das allen mit Fragen der Stadtplanung und -entwicklung Beschäftigten zu empfehlen ist.

W Sp.

Wohlbefinden in der Stadt. Umwelt- und gesundheitspsychologische Perspektiven. Hrsg. v. Alexander G. Keul. Weinheim: Beltz PVU, 1995. 248 S., ca. DM / sFr 58,- / 429,-