Neues Wohnen in der zweiten Lebenshälfte

Ausgabe: 2012 | 1

Ein von der ETH Zürich herausgegebener Band über „Neues Wohnen in der zweiten Lebenshälfte“ beleuchtet unterschiedliche Aspekte des Wohnens im Alter. Der Bogen der Beiträge reicht vom „Abenteuer Alter“ (Herrad Schenk) über die „zweite Lebenshälfte als Lebensperiode im Wandel (Francois Höpflinger) und dem „Wohnungsmarkt im Spannungsfeld von Demographie und Lebensphasen (Andreas Huber) bis hin zu architektonischen Fragestellungen wie „Lebensgerechtes Bauen“ (Felix Bohn) sowie „ästhetischen Aspekten altersgerechten Wohnens“ (Gerhard Auer), in dem es um „Raum, Licht und Sicht“ geht. Den Hauptteil der Studie macht die Darstellung und Bewertung „neuer Wohnmodelle“ – von selbstorganisierten Projekten für gemeinschaftliches Wohnen über intergenerative Haus- und Siedlungsgemeinschaften bis hin zu neuen betreuten Wohnformen – aus. Beschrieben werden die Geschichte, Verfasstheit und Besonderheiten ausgewählter Projekte aus Deutschland und der Schweiz. Die Bewertung erfolgt nach der Methode der „Post Occupancy Evaluation“ (POE), der gemäß die BewohnerInnen der Projekte eine ausführliche Qualitätsbeurteilung nach den Kriterien „Hindernisfreiheit“, „Altersangepasste Gestaltung“, „Ausstattung und Komfort“, „Sicherheit, „Förderung der Gemeinschaft“, „Privatsphäre und Orientierung“ vornehmen. Informativ sind auch die jeweiligen Eckdaten zu den Wohnprojekten wie Größe, Träger, Art der Wohneinheiten, BewohnerInnen, Kosten sowie die Illustrationen. (Die beigefügte CD-ROM informiert detailliert über die verwendeten Evaluationsinstrumente sowie sämtliche Einzelfallstudien). Auch die AutorInnen dieser Studie wissen, dass innovative Wohnmodelle für die zweite Lebenshälfte quanititativ „noch immer kaum ins Gewicht“ (S. 77) fallen. Doch die Nachfrage steige: Eine wachsende Zahl älterer Menschen sei bereit, „nochmals umzuziehen und etwas Neues zu probieren“ (ebd.), die Generation derjenigen, die bereits Erfahrung mit gemeinschaftlichem Wohnformen habe, werde demnächst ins Rentenalter übertreten und „bezüglich Wohnen voraussichtlich eine Vorreiterrolle im gesellschaftlichen Entwicklungsprozess übernehmen (ebd.) Mit der Zunahme der Einpersonenhaushalte im urbanen Kontext „dürfte sich vor allem in den Städten die Suche nach Wohnalternativen fortsetzen“ (ebd.). Überdies werden neue Modelle des „betreuten Wohnens, Service-Wohnens respektive Wohnens mit Dienstleistungen“ (S. 80) vorgestellt. Das dahinterliegende Konzept: Altersgerechte Wohnungen in Verbindung mit Betreuungsleistungen wie eine 24-Stunden-Notrufanlage, Reinigungs- und Wäscheservice, Mahlzeitendienst, Hilfe beim Einkaufen oder auch pflegerische Dienstleistungen nach Bedarf. Der Trend: „Die betreuten Wohnanlagen ersetzen zunehmend die Altersheime, die sich immer mehr zu reinen Pflegeheimen entwickeln.“ (S. 80) Nicht zuletzt kann gezeigt werden, dass Seniorenresidenzen (bislang eine Wohnform für Begüterte) mittlerweile auch im mittelpreisigen Segment an geboten werden, wie das Konzept „SeneCasita für betreutes Wohnen im Alter“ (u.a. in Bern) zeigt. Planerisch interessant ist der Ansatz der „zweiten Lebenshälfte“, der nicht erst beim Entstehen von Betreuungsbedarf, sondern bereits bei der Lebensgestaltung in der postfamilialen Phase etwa ab dem 50. Lebensjahr ansetzt. Denn die „Frage nach Wohnformen, die es erlauben, die länger und wichtiger werdenden späteren Lebensphasen nach eigenen Wünschen und Bedürfnissen zu gestalten, stellen sich immer mehr Menschen schon zu Beginn der zweiten Lebenshälfte“ (S. 7) Und diese Gruppe der „Kinderlosen“ (die Kinder sind ja bereits aus dem Haus) wird immer größer: so soll in der BRD im Jahr 2050 bereits mehr als die Hälfte der Bevölkerung der Gruppe der über 50-Jährigen ausmachen (S. 9). Als zweiter Grund für diesen Ansatz wird genannt, dass der Übergang in die zweite Lebenshälfte „für viele erträglicher zu sein“ scheint „als der Übergang ins Alter, von dem niemand so recht weiß, wann es denn nun beginnt“ (S. 7). H. H.

Neues Wohnen in der zweiten Lebenshälfte. Hrsg. v. Andreas Huber. Basel u.a.: Birkhäuser, 2008. 223 S., € 30,80 ; ISBN 978-3-7643-8635-1