Mit der Kreativität ist es so eine Sache. Sie wird vom Einzelnen wie von Gruppen erwartet, wird als unabdingbare Voraussetzung für Erfolg angesehen und wird im beruflichen Alltag überwiegend doch sträflich vernachlässigt. In der Regel lassen Folgeprobleme aller Art den Ruf nach einer von Experten moderierten „Kreativbesprechung“ laut werden, um Denk- und Strukturblockaden aufzulösen.
Die Autoren, seit vielen Jahren vor allem als Moderatoren (insbesondere in der Durchführung von Zukunftswerkstätten) erfahren, bieten in diesem grafisch sympathisch und doch unaufwändig gestalteten Buch zunächst eine überraschende Erklärung für die alphabetische Reihung der präsentierten Kreativmethoden von „(Einfaches) Analogieverfahren“ bis „Zufallswort“. Ob damit der Devise „Allen Kreativitätsmethoden die gleiche Chance“ tatsächlich Rechnung getragen wird, sei dahingestellt, denn in der Praxis wird die jeweils unterschiedliche Ausgangssituation – sei es die Verbesserung der Gesprächs- und Arbeitskultur in Teams oder Abteilungen, die Zusammenarbeit an Schulen oder die Ideenfindung in Stadtteilen, Gemeinden oder Wohngemeinschaften – die Zusammensetzung der Mitwirkenden und vor allem auch die Erfahrung der ModeratorInnen die Wahl des Werkzeugs bedingen.
Im bunten Strauß des Angebots finden sich analytische und assoziative, kontemplative und imaginative Verfahren. Sie werden durchgehend nach einem einheitlichen, praxisorientierten und überzeugenden Schema präsentiert. Eine „Allgemeine Beschreibung“ skizziert u. a. die Geschichte des Ansatzes, verweist auf die Intentionen der „Er-
finder“, nennt besondere Vorzüge (oder auch Hürden) und informiert über Erfahrungen der Autoren. Unter der Rubrik „Schrittweise Vorgehen“ werden die einzelnen Teile jeder Methode im Gesamtablauf skizziert und in Form einer „Beispielhaften Anwendung“ auch exemplarisch erläutert (was der erfolgreichen Umsetzung sehr entgegen kommt). Unter „Wichtige Merkmale“ werden schließlich weitere Hinwiese zur erfolgreichen Anwendung (Zahl der Mitwirkenden, Zeitaufwand und Materialbedarf etc.) gegeben.
Um Ideen und Hypothesen erfolgreich Raum zu geben, bedarf es freilich mehr als nur eines prall gefüllten Methodenarchivs mit Gebrauchsanweisung. Ebenso wichtig sind die Kenntnis und der gesicherte Umgang mit den Grundlagen „sozialer Kreativitätsarbeit“. Diesen widmen sich die Autoren im Anschluss an die Methodensammlung. Kreativität, so eine Definition unter vielen, bedeute vor allem, „sich von gängigen Denkmustern freizumachen, seine Gedanken schweifen zu lassen, den Bezugsrahmen zu ändern. Kreative – und die Summe dieser Eigenschaften sind natürlich weit eher in Gruppen als bei Einzelpersonen zu finden – sollten zugleich vielseitig, originell, unkonventionell, phantasie- und humorvoll, experimentierfreudig, spielerisch, fit und flexibel sein, betonen H. Mauer und N. Müllert (S. 111), in der Tat eine Herausforderung der besonderen Art.
Der weitaus größte Teil der präsentierten Methoden ist verbal akzentuiert, nützt und spielt auf verschiedene Weise mit den Möglichkeiten der sprachlichen Assoziation, auch dort, wo Verfahren aus fremden Kulturkreisen (wie etwa die „Yin-Yang-Runden“) vorgestellt werden. Auch wenn einige bildnerische und gestaltende Kreativitätstechniken mit aufgenommen wurden, sucht man an dieser Stelle vergebens nach theatralischen und spielerisch Elementen. In der Vielfalt der verbalen Kreativitätswerkzeuge und der überzeugenden Praxisorientierung hingegen liegen die Stärken dieses Buchs. Der positive Eindruck wird durch den letzten Abschnitt noch verstärkt. In ihm stellen die Autoren „Hauptelemente des Moderierens“ vor und geben in zwölf Schritten methodische Hinweise zur erfolgreichen Durchführung von „Kreativitätszusammenkünften“.
Letztlich bleibt es der Erfahrung (und Kreativität des Moderatorenteams) anheim gestellt, zum Zweck bestmöglicher Problemlösung bzw. Ideenfindung die jeweils stimmigen Elemente zu einem Gesamtkonzept zusammenzufügen. Anregungen dazu werden an dieser Stelle viele gegeben. W. Sp.
Mauer, Horst; Müllert, Norbert R.: Moderationsfibel Soziale Kreativitätstechniken von A – Z. Das Praxisbuch zu Problemlösungsverfahren mit Gruppen. Neu-Ulm: AG SPAK, 2007. 137 S., € 19,- [D], 19,60 [A], sFr 33,25
ISBN 978-3-930830-91-6