Mentopolis

Ausgabe: 1990 | 2

Marvin Minsky ist einer der bekanntesten Computerwissenschaftler der USA und beschäftigte sich schon  früh (1951) mit maschinellem Lernen und Netzwerken. 1969 brachte er gemeinsam mit Papert .Perceptrons" heraus, in dem er die möglichen Leistungen von Netzwerken skeptisch beurteilte und damit die eben aufkommende Konnektionismus-Forschung auf Jahre verzögerte. Im vorliegenden Werk aus 1985, das erst jetzt in deutscher Übersetzung herauskommt, entfaltet er seine eigene Theorie, wie das Gehirn und der Geist funktionieren. Nach ihm besteht unser Geist aus vielen kleinen "Agenten", die jeder für sich nur zu ganz einfachen Tätigkeiten fähig sind, jedoch, in jeweils verschiedener Weise vergesellschaftet, die Phänomene zustandebringen, die wir geistige Leistungen nennen. Das Buch beschreibt eine Vielzahl dieser "Agenten" und verschiedene Möglichkeiten von Querverbindungen und Interaktionen, wobei es die angenommene Struktur des Geistes auch formal nachvollzieht: pro Seite ist jeweils ein "Agent", eine Theorie, ein Phänomen beschrieben - auf einen sich entwickelnden Argumentations- und Darstellungszusammenhang wurde bewusst verzichtet. Das macht die Lektüre nicht einfach und birgt die Gefahr, dass Wichtiges, wie Minskys Konzept von den" Rahmen" oder den verschiedenen Typen von "Agenten" und "Agenturen", gleichauf neben nicht so zentralen Überlegungen steht. Ein kleines Glossar mildert dieses Problem etwas, auch die zahlreichen Schemata und ein aufwendiges Layout unterstützen die erhebliche intellektuelle Anstrengung, die der Autor seinem Leser abverlangt. Wer sich über die zur Zeit besonders in den USA aktuelle Diskussion zur Künstlichen Intelligenz und die damit zusammenhängenden erkenntnistheoretischen Fragestellungen aus erster Hand informieren möchte, wird an diesem Buch nicht vorbeigehen können, in dem ein wesentlicher Protagonist seine Position darstellt. 

Minsky, Marvin: Mentopolis. Stuttgart: Klett - Cotta, 1990. 342 S., DM 48,- / sFr 43,- / öS 374