Konsum-Botschaften

Ausgabe: 2015 | 1
Konsum-Botschaften

konsumbotschaften„Konsum soll mit den Zielen einer Nachhaltigen Entwicklung vereinbar sein; darüber ist man sich grundsätzlich einig. Man weiß aber noch immer nicht genau, wie nachhaltiger Konsum denn nun ganz konkret aussieht, und es ist zwar klar, dass Veränderungen nötig sind, aber welche genau und wie sie zu erreichen sind, darüber herrscht noch große Unsicherheit.“ Damit begründen die AutorInnen eines im Auftrag des deutschen Bundesministeriums für Bildung und Forschung erstellten Forschungsberichts, für den eine interdisziplinäre Herangehensweise gewählt wurde, ihre als „Konsum-Botschaften“ bezeichneten Empfehlungen an die Politik.  Die Grundthese: „Nachhaltiger Konsum lässt sich nicht ohne individuelle Verhaltensänderungen verwirklichen – aber auch nicht ohne Veränderungen auf der systemischen Ebene.“ (S. 9f).

Alternative Sichtweisen

Acht Botschaften formuliert das Forschungsteam, die ausgehend von wahrgenommenen Mythen alternative Sichtweisen formulieren. Begonnen wird mit der „Aushandlungsbotschaft“, die Dialogprozesse über das, was nachhaltiger Konsum ist, fordert, sowie mit der „Korridor-Botschaft“, der gemäß Leitplanken im Sinne von Minimal- und Maximal-Standards vorgegeben werden sollen, innerhalb derer die Menschen ihr Verhalten ausrichten sollten. Die „Mut-Botschaft“ greift das Dilemma auf, dass BürgerInnen tiefgreifende Reformen mehrheitlich ablehnen, auch wenn sie im Interesse des Gemeinwohls wären. Vorgeschlagen werden „geschützte Orte“, um der Politik die Entwicklung parteienübergreifend konsensfähiger Positionen zu ermöglichen.

Die „Befähigungs-Botschaft“ setzt hier an und plädiert für eine systematische und flächendeckende Nachhaltigkeitsbildung – von den Schulen über die Universitäten bis hin zur Erwachsenenbildung. Vorgeschlagen werden „regionale Bildungslandschaften“, die alle Bereiche abdecken und auf überregionaler Ebene koordiniert werden. Mit der „Steuerungs-Botschaft“ wird die Schaffung einer Einrichtung vorgeschlagen, die das „reiche wissenschaftliche Wissen“ für eine intelligente Steuerung bündelt. Dazu gehöre u. a. das dosierte Maß und der richtige Einsatz von Informationen.

Neue Routinen

Die „Aneignungs-Botschaft“ geht davon aus, dass neue Erkenntnisse und daraus abgeleitete Notwendigkeiten von den Menschen nur angenommen werden, wenn sie diese in ihren Alltag integrieren können. Notwendig hierfür seien Erfolgsgeschichten sowie Möglichkeiten des Ausprobierens und Einübens neuer Routinen. Mit der Korridor-Botschaft hängt die „Struktur-Botschaft“ zusammen, der gemäß menschliches Verhalten immer von Rahmenbedingungen abhängt, die ein bestimmtes Verhalten erleichtern oder erschweren. Auch hier wird empfohlen, das vorhandene Wissen zu bündeln und der Politik zur Verfügung zu stellen. Schließlich wird mit der „Such-Botschaft“ darauf verwiesen, dass nicht gesagt werden könne, wie eine nachhaltige Gesellschaft genau aussieht. Ein gesellschaftlicher Suchprozess brauche daher soziale Initiativen und Realexperimente, die Lernen ermöglichen.

Nicht alle der hier vorgetragenen Erkenntnisse und Vorschläge sind neu und die Botschaften überlappen einander naturgemäß, doch die Ausführungen geben durchaus Handreichungen für Politik und Gesellschaft, ergänzt auch durch zahlreiche zukunftsweisende Praxismodelle. Entscheidend werden wohl neue, aus den sich mehrenden Krisen resultierende Fakten sein, etwa die ökonomischen Kosten des Klimawandels, der ja bislang keineswegs als „Katastrophe“ wahrgenommen wird. Maßnahmen der Bewusstseinsbildung und die heute im Kleinen erprobten „Modelle des Wandels“ werden dann erst ihre große Bedeutung erlangen.

Hans Holzinger

 

 Konsum-Botschaften. Was Forschende für die gesellschaftliche Gestaltung nachhaltigen Konsums empfehlen. Hrsg. v. Syntheseteam des Themenschwerpunkts „Vom Wissen zum Handeln – Neue Wege zum nachhaltigen Konsum“. Stuttgart: Hirzel 2013. 198 S., € 24,90 [D], 25,50 [A], sFr 37,50 ISBN 978-3-7776-2371-9