Thomas Piketty hatte mit seinem 2013 veröffentlichten Werk „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ die wissenschaftliche Debatte über Ungleichheit neu belebt. Anhand einer Fülle von Daten zeigte er, dass die Vermögenskonzentration in Industrienationen seit den 1980er-Jahren wieder deutlich gestiegen ist. Daraus leitete er die These ab, dass der Kapitalismus als System zwingend eine stetig wachsende Ungleichheit hervorruft. Pikettys neues Buch macht seine Erkenntnisse dank anschaulicher Beispiele, allgemein verständlicher Sprache und deutlich kürzerem Umfang auch fachfremdem Publikum zugänglich.
Zunächst zeichnet Piketty die Geschichte der (Un-)Gleichheit seit dem 18. Jahrhundert nach. Anhand seiner Auswertung von französischen Nachlassarchiven wird etwa ersichtlich, dass die Vermögenskonzentration in Frankreich durch die Französische Revolution kaum reduziert wurde und erst mit der Einführung des Sozialstaats Anfang des 20. Jahrhunderts deutlich gesunken ist. Entscheidend waren höhere Steuern für Reiche, mit denen etwa Investitionen in Bildung, Gesundheit und Altersvorsorge finanziert wurden. Piketty erfasst aber nicht nur Vermögensunterschiede, sondern auch Ungleichheiten in sozialen, wirtschaftlichen und demokratischen Rechten. So waren die Abschaffung der Sklaverei, das Ende des Kolonialismus und die rechtliche Gleichstellung von Frauen entscheidende Beiträge zur Reduzierung von Ungleichheit.
Markante Steuersenkungen für Reiche, die Deregulierung der Finanzmärkte und die Schwächung der Gewerkschaften haben aber seit den 1980er-Jahren wieder zu einer Zunahme der Ungleichheit geführt. Piketty schließt daher mit einem Plädoyer für eine Erneuerung des Sozialstaates, um die Ungleichheit wieder zu reduzieren und den Fortbestand einer friedlichen, demokratischen Gesellschaft zu sichern. Um dies zu sichern, fordert er eine Rückkehr zu hohen Spitzensteuersätzen, eine Vermögenssteuer und höhere Einkommenssteuern, die Einführung eines Grundeinkommen, eine garantierte Beschäftigung sowie ein Erbrecht für alle. Um die globale Ungleichheit zu reduzieren und historische Ungerechtigkeiten wettzumachen, plädiert er zudem für eine umfassende Schuldentilgung sowie einen institutionalisierten Finanztransfer von reichen an arme Länder.