Die Tretmühlen des Glücks

Ausgabe: 2008 | 4

  „Das durchschnittliche Glücksempfinden bzw. die Zufriedenheit der Menschen in entwickelten Ländern nimmt schon lange nicht mehr zu, obwohl die durchschnittlichen Einkommen sich mit dem Wirtschaftswachstum stets weiter erhöhen.“ Diesen Befund nimmt der Ökonom Mathias Binswanger zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen für ein anderes Wohlstandsmodell. Umfragen zeigten auch, dass sich immer mehr Menschen gestresst fühlen. Daraus lasse sich eine eindeutige Schlussfolgerung ziehen: „Offenbar leben Menschen nicht so, wie es für sie selbst am besten wäre.“ Es ginge ihnen insgesamt besser, wenn sie mehr Zeit hätten und dafür auf zusätzliches Einkommen verzichten würden. So zeige etwa eine Untersuchung, dass Menschen, die Überstunden machen und deshalb mehr verdienen, dadurch nicht glücklicher werden. Trotzdem machen aber viele Menschen freiwillig Überstunden und streben generell nach einem immer noch höheren Einkommen. Die interessante Frage lautet für Binswanger deshalb: Wenn die Menschen ein anderes Verhalten glücklicher machen würde, warum ändern sie es dann nicht? Der Grund liegt in den sogenannten Tretmühleneffekten, denen der Autor im zweiten Teil des Buches nachgeht. Auf einer Tretmühle könne man immer schneller laufen und diese immer schneller bewegen, doch man bleibt immer am selben Ort, so Binswanger. Genau gleich verhalte es sich mit dem menschlichen Streben, durch mehr Einkommen glücklicher zu werden. Die Menschen werden dadurch zwar immer reicher, aber was ihr Glücksempfinden betrifft, treten sie auf der Stelle. Die Hoffnung auf mehr Glück wird ständig enttäuscht, dennoch wird an diesem irrationalen Glauben festgehalten. Nach Richard Layard („Die glückliche Gesellschaft“, s. PZ 2007/1) widmet sich hier ein zweiter Ökonom dem Thema Lebenszufriedenheit, was die Chance erhöht, dass Vorstellungen über andere Arbeits- und Konsummodelle allmählich auch in der Wirtschaftswelt ankommen. H. H.

 

Binswanger, Mathias: Die Tretmühlen des Glücks. Freiburg: Herder, 2008 (3. Aufl.) 224 S., € 9,95 [D], 10,25 [A], sFr 18.90 ISBN 978-3-451-05809-7