Die acht Sphären der Zukunft

Ausgabe: 2000 | 2

Matthias Horx, Mitbegründer der Agentur Trendbüro und Herausgeber des Zukunftsletters „2000X“, ist auf der Suche nach trendigen Schlagwörtern wieder einmal fündig geworden. Nicht, dass er neue Megatrends auf uns zukommen sieht, die der geschätzte Leser nicht schon seit seinem „Zukunfts-Manifest“ (PZ 4/97*445) kennen würde, sondern vielmehr, um uns einmal mehr eine ganzheitliche Sichtweise der Zukunft zwischen „High-Tech“ und „Sozio-Tech“, Hardware und Brainware, Venture-Kapital und sozialem Kapital“ näher zu bringen. In einer Welt, in der es nicht so schlecht aussieht, „wie viele von uns es in den letzten 20 Jahren verinnerlicht haben“, andererseits aber auch „Armut, Ungleichheit, Tyrannei und Krieg, ganz zu schweigen von den verheerenden Kräften der Natur, auch jenseits der Jahrtausendwende unsere planetare Wirklichkeit heimsuchen werden“, geht es darum, wie wir lernen können, „im gewaltigen Komplexitäts-Experiment aller Sphären mitzuhalten“ (S. 290).

Um die „Linearität des alten Zukunftsdenkens zu überwinden“, entwickelt der Trend-Guru im vorliegenden Band ein „8-Sphären-Modell“ der Zukunft: Veränderungsprozesse in Sexualität, Gesundheit und Medizin werden in der „BodySphere“, Religion und Bewusstsein in der „MindSphere“ stattfinden; das soziale Umfeld, die „SozioSphere“, beinhaltet Trends in der Entwicklung von Partnerschaft; Ehe und Reproduktion, Wissen und Lernen sind Inhalte der „KnowledgeSphere“; technologische Trends an der Schwelle zum 21. Jahrhundert werden in der „TechnoSphere“, das Kaufverhalten in der „ConsumerSphere“ analysiert und schließlich geht es in der „EconoSphere“ um die Bereiche Ökonomie und Arbeit sowie um die Zukunft des politischen Systems in der „PolitoSphere“.

Zur Veranschaulichung dieser sogenannten „Tools für die Zukunft“ als Instrumente der Horxschen Prognostik seien im folgenden einige mögliche Entwicklungen willkürlich herausgegriffen. Die Familie im Jahr 2020 wird sich im „Reproduktions-Restaurant“ einer neuen Welle der Beziehungsvielfalt gegenübersehen. Vor dem Hintergrund der neuen Reproduktionsmöglichkeiten (vgl. dazu auch R. Baker, Nr. xy) wird die Institution, befreit vom Zwang, „Partnerschaft, lebenslange Sexualität und Elternschaft ständig in einer sozialen Einheit“ (S. 93) erhalten zu müssen, eher entlastet denn zerstört. In Anlehnung an John Naisbitts „Suche nach Balance zwischen Technologie und Mensch“ (PZ 4/99*383) favorisiert auch Horx eine humanzentrierte Technologie. Flops der Zukunft sind seiner Ansicht nach u. a. das interaktive Fernsehen, das Bildtelefon, das elektronische Buch. Technologien, die sich durchsetzen werden, sind hingegen die AORTA-Technik (Always Online Realtime Access), durch die wir alle rund um die Uhr unsichtbar online sein können, Teleprojektion sowie Spracherkennung. Schließlich löst sich die neue „systemische Politik“ des 21. Jahrhundert „von ihren ideologischen Wurzeln und wird pragmatisch, praktisch, ‚benchmarkfähig’“. „Politische Grammatik verändert sich von programmatischen Vorgaben zu Marktmethoden“ (S. 277), so lautet die wenig angenehme Vorstellung künftiger Politik.

Scheint heute der Fokus der Veränderungen in den Bereichen Globalisierung, Deregulierung der Arbeit und Digitalisierung zu liegen, so werden nach Horx die wirklichen Wandlungen der Zukunft in der „MindSphere“ und der „KnowledgeSphere“, in einem neuen Verständnis von Lernen und Wissen, in einer zweiten, fundamentalen Bildungsrevolution stattfinden. A. A.

Horx, Matthias: Die acht Sphären der Zukunft. Ein Wegweiser in die Kultur des 21. Jahrhunderts. Wien (u. a.): Signum-Verl., 1999. 303 S. (Signum Business) DM 48,- / sFr 44,50 / öS 350,-