Zwischen Alltagsdiktatur und Globalisierung
Der Salzburger Politikwissenschaftler Markus Pausch hat sich Albert Camus gewidmet und mit „Demokratie als Revolte“ nicht nur ein Buch über den französischen Autor, sondern vor allem ein Buch über Demokratie geschrieben. Das ist Pausch auch bewusst: Er entwirft eine Demokratietheorie der Revolte, die den existenziellen Kern der Demokratie freilege, schreibt er (vgl. S. 9).
Eine wichtige Gestalt in Pauschs Überlegungen ist Sisyphos. Er findet Sisyphos auch bei Camus. Und Camus‘ Umgang mit der Geschichte des Sisyphos bringe auf den Punkt, wie Pausch bei Camus‘ Demokratie sieht. Man weiß: Sisyphos wurde von den Göttern dazu verdammt, einen Felsblock auf einen Hügel zu bugsieren. An der Kuppe rollte der Stein aber immer wieder ins Feld zurück. Camus sieht im immer wiederkehrenden Versuch des Sisyphos eine Revolte gegen die Götter: Er hört mit seiner Tätigkeit nicht auf, auch wenn er weiß, dass der Stein wieder zurückrollen wird. Camus meint: Man muss sich Sisyphos als glücklichen Menschen vorstellen.
Für Pausch wird im Kontext des Lebens und Wirkens Camus‘ klar, dass in dieser Geschichte die Erkenntnis der Unabschließbarkeit der wichtige Punkt ist. „Der/die DemokratIn muss sich im Klaren sein, dass sein/ihr Bemühen nie enden kann, die Demokratie ist ein Prozess und damit unabschließbar. Die Demokratie erfordert die ewige, die tägliche Rebellion. Wir müssen uns Sisyphos nicht nur glücklich, sondern auch als Demokraten vorstellen.“ (S. 22)
In dem Buch wird in der Folge das Denken Camus in die ideengeschichtliche und politische Landkarte eingebettet. Pausch meint, dass Camus am ehesten libertären Formen der Gewerkschaftsbewegung nahestand, zu Ideen Gramscis und Proudhons sind Verbindungen zu erkennen. Ausschlaggebend für die Zuordnung sind Camus‘ Skepsis gegenüber idealen Urzuständen wie auch hierarchischen Parteistrukturen. Beides stünde der permanenten Revolte entgegen.
„Die Demokratie ist eine Regierungs- und Lebensform, die untrennbar mit einem Wert verknüpft ist, nämlich dem Wert der gleichen Freiheit für alle Menschen. Und diese gleiche Freiheit gründet wiederum auf der Urerfahrung der Revolte, durch die sie ermöglicht wird.“ (S. 14) Ein Buch, wie Balsam für die Seele jeder Demokratin und jedes Demokraten.
Von Stefan Wally
Pausch, Markus: Demokratie als Revolte. Zwischen Alltagsdiktatur und Globalisierung. Baden-Baden: Nomos, 2017. 184 S., € 29,- [D], 29,90 [A]