Das Prinzip Goldmarie

Ausgabe: 1990 | 1

Auch dem Leser von" Pro Zukunft" wird nicht entgangen sein, dass Ethik derzeit hoch im Kurs steht. "Moral", so Greffrath, "soll den Zug des Fortschritts bremsen, kurz bevor er an die Mauer knallt." Soll sie es wirklich? Wird uns nicht von seiten der Ökonomie versichert, dass Wachstum um jeden Preis die Vorbedingung ökologischer Vernunft sei? Greffrath attackiert die "progressive Doppelmoral" des Wirtschaftstreibenden, der "als Bürger darauf hinwirken (muss). dass er als Unternehmer vom Profitzwang und von der Konkurrenz erlöst wird". Diesem Dilemma ist durch elitäre Ethik-Seminare ebensowenig beizukommen wie durch die "hohe Forderung zur Umkehr mit der apokalyptischen Drohung als Sanktion". Gefordert ist und helfen kann eine vorausschauende Politik, die es ermöglicht, zum aufgeklärten Staatsbürger zu werden: Es geht darum, Institutionen zu schaffen, "in denen wir klug werden können, ohne immer das Gefühl zu haben, dass sich Eigennutz doch besser rentiert". Voraussetzung dafür ist "ein Gewissen, das wirklich wissen" und vor allem sich einmischen will. Fazit: "Je mehr Leute den Wecker stellen, desto wahrscheinlicher ist, dass genug aufstehen werden." 

Greffrath, Mathias: Das Prinzip Goldmarie. Moral ist gut. Politik ist besser. Am besten aber sind Menschen die sich kümmern. In: Die Zeit. 1990, Nr. 6, 5.40.