Die Autorin und Kolumnistin Bianca Jankovska schreibt regelmäßig über Digitalisierung, Populärkultur und neue Arbeitsmodelle. Nun liefert sie ihr Sachbuch-Debüt in Form eines literarischen Essays, der als subjektiver Erfahrungsbericht über das Großwerden zur Jahrtausendwende mitunter pointiert Kritik an Gesellschaftsstrukturen übt und vor allem dazu einlädt, ihre erlebte Umbruchsphase von Studienende zum Berufseinstieg nachzuempfinden: „Die Leichtigkeit, die früher den Übergang von Statusgrenzen bestimmt hat: den Einstieg ins Berufsleben, das eigenständige Wohnen, die Familiengründung. All das, es ist uns genommen worden. Niemand kann mehr darauf vertrauen, dass ein Leben nach altbekannten Mustern verlaufen wird.“ (S. 15) Jankovska öffnet die Türen zu ihrem Privatleben und zeigt ausführlich, wie es sich in ihrem speziellen Fall als Millennial – also als Teil der Generation, die in den 80er- und 90er-Jahren geboren wurde – lieben, leben und arbeiten lässt. Sie schildert in Retrospektive eine kräftezehrende und von Unsicherheit geprägte Phase, in der sie langsam lernt, mit den an sie herangetragenen, generationsspezifischen Herausforderungen umzugehen und selbstbewusst für sich einzustehen.
Jankovksa konstatiert unter anderem einen ständigen Selbstoptimierungsdruck im privaten wie im beruflichen Umfeld und das Trugbild einer von finanziellen Mitteln unabhängigen Chancengleichheit. Sie bemängelt die psychische Belastung durch befristete Arbeitsverträge, ungerechte Entlohnung und fortdauerndes Konkurrenzdenken, welches nicht zuletzt Katalysator für Selbstausbeutung ist und ob bestehender patriarchaler Strukturen gerade Frauen untereinander um die wenigen Plätze an der Spitze der Hierarchie kämpfen lässt. Ob das wirklich alles gewesen sein soll, was unsere Leistungsgesellschaft seit der Einführung der Fünftagewoche fertiggebracht hat, fragt Jankovska in Bezug auf prekäre Arbeitsbedingungen. Und weiter: „Wollen wir so leben? In einer westlichen Gesellschaft, in der zwar nahezu jedermann Wohlstand, Sicherheit und Gesundheit genießt, aber morgens keinen Grund hat, aus dem Bett zu steigen, weil es im spätkapitalistischen Paradies angeblich nichts mehr zu verbessern gibt?“ (S. 88). Nein, lautet die entschiedene Antwort, die im weiteren Verlauf des Buches zu aktivem, kollektivem Widerstand anspornt. In Anlehnung an den Historiker Rutger Bregmann erklärt sie, dass das wahre Problem unserer Zeit (und das wahre Problem der Millennial-Generation) nicht sei, dass es uns nicht gut ginge, sondern dass wir uns nichts Besseres vorstellen könnten, als das Hier und Jetzt. Anders: „Just in dem Moment, in dem wir uns der historischen Aufgabe hätten stellen sollen, diese reiche, sichere und gesunde Welt mit Sinn zu erfüllen, beerdigten wir stattdessen die Utopie. Wir haben keinen neuen Traum, durch den wir sie ersetzen könnten, weil wir uns keine bessere Welt als die vorstellen können, in der wir heute leben.“ (S. 87) Durch die verurteilenden Äußerungen gegenüber der Gegenwart einer Wohlstandsära wird dann übrigens die Lebenswelt der Autorin selbst zur Zielscheibe von Kritik: „Wie oft musste ich mir Texte durchlesen, in denen alte Menschen über mein ach so privilegiertes Milieu urteilten, als ob sie eine Ahnung von unseren erbrachten Opfern, unseren Wertvorstellungen und dem tatsächlichen Erbe hätten, das sie uns ökonomisch und moralisch hinterließen? Vom Klimawandel mal ganz abgesehen.“ (ebd.)
Die gesellschaftskritischen Beobachtungen sind nicht neu, sollen aber öffentlich erneut zur Diskussion gestellt werden. Das ist sicher eine gute Idee, die immer wieder zwischen den detaillierten persönlichen Erkenntnisberichten rund um Liebesbeziehungen, Freundschaft, Selbstbild, Arbeit und Social Media durchschimmert. Dabei schreibt Jankovska für die Millennial-Generation und als Teil von ihr, aber nicht stellvertretend für sie, auch wenn der Titel das suggerieren mag.