Das Ende der Nutzung von Atomenergie?

Ausgabe: 1988 | 1

Eine der großen Streitfragen unserer Epoche ist - nach den jüngsten Unfällen und Skandalen erst recht - die der Atomenergienutzung. Wir können es uns keinesfalls mehr leisten, erst aus noch mehr Schaden klug zu werden. Die vorliegende Publikation versucht in Pro und Kontra zur Information über diese umfassende Problematik beizutragen. Es kommen sowohl Befürworter als auch Gegner der Atomenergie zu Wort. Der Leser wird nicht mit einseitigen Glaubensbekenntnissen überhäuft, sondern kann sich selbst ein Urteil bilden: 25 Experten haben das Thema in verschiedenen Teilbereichen wie Geschichte, Physik, Technik, Wirtschaft, Recht, Wirkung radioaktiver Strahlen, Tschernobyl und die öffentliche Diskussion der Atomkraftkontroverse abgehandelt. Die Frage nach den Möglichkeiten des Ausstiegs aus der Atomenergie wird anhand kurzer Zusammenfassungen des Ausstiegsszenarios von Joschka Fischer, des "Einstiegs in den Ausstieg" der SPD und einiger weiterer Studien vorgestellt.

Übereinstimmung herrscht darüber "daß dieser Schritt ohne großen volkswirtschaftlichen Schaden sofort oder später machbar ist. Die ökonomischen Konsequenzen sind erträglich, die ökologischen Auswirkungen sollten jedoch nicht vernachlässigt werden. Zweifelhaft ist die rechtliche Durchsetzbarkeit der Ausstiegs-Pläne, das Entscheidende ist aber das politische Wollen." Die Wissenschaft wird aufgefordert, vermehrt Anstrengungen zur Einführung weniger risikoreicher Techniken zu unternehmen. "Experten braucht man gewiß, aber vor allem solche, die über die Prämissen und "Unsicherheitsgrade ihrer Behauptungen klare Auskunft zu geben vermögen." (J. Radkau). Da die Menschen seit jeher jede Erfindung und Entdeckung auch für militärische Zwecke genutzt haben, ist ein umfassender Teststopp für Atomwaffen längst überfällig. "Das Vernichtungspotential der Kernwaffen ist so furchtbar, daß ein Krieg unter Kernwaffenmächten nicht mehr stattfinden darf."

Eine Pressedokumentation über die Stimmung der ersten vier Wochen nach Tschernobyl und viele Literaturhinweise ergänzen dieses wertvolle Nachschlagwerk. In der Diskussion um das Für und Wider der Atomenergie belegen Zahlen am deutlichsten den Bewußsteinswandel nach dem Tschernobyl-Unfall. Mit Ausnahme von Frankreich mit 44 AKW’s, die 65% des Strombedarfs decken, sind beispielsweise in Mexiko von 20 geplanten nur zwei in Bau, in den USA 28 in Bau und 54 geplante storniert; Großbritannien baut seit 7 Jahren keine neuen Anlagen und in Brasilien wurden von 8 geplanten AKW's 6 storniert.

Zum Thema aus literarischer Sicht: Leben im Atomzeitalter. Schriftsteller und Dichter zum Thema unserer Zeit. Hrsg. v. Walter Jens. Mit Handzeichnungen von A. Hrdlicka. München: Moos, 1987.215 S. Beiträge von Amery, Drewitz, Fried, Von der Grün, Heym, Hochhuth, Zwerenz u. a.

Das Ende des Atomzeitalters? Eine sachlich-kritische Dokumentation. Armin Hermann; Rolf Schumacher (Hrsg.). München: Moos, 1987, 383 S. DM 48,- I sFr 40,26 I öS 374,40