Wie bereits in ihren beiden vorangegangenen Filmen „5 Fabriken“ und „Venezuela von unten“ geht das Regisseur-, Filmemacher- und Künstlerteam Azellini/Ressler auch diesmal den partizipativ-politischen Prozessen in Lateinamerika im Allgemeinen und Venezuela im Besonderen nach. Gezeichnet wird ein authentisches Bild von lokaler Selbstbestimmung, von Partizipation und kollektiver Selbstermächtigung als Ausdruck des ´poder popular´, des Volkswillens. Die Authentizität bezieht der Film vor allem aus den unkommentierten Interviews engagierter Menschen, die ihre alltäglichen Problemlagen schildern und davon berichten, dass sich wohl kein anderer darum kümmern wird, außer sie selbst. Genau dieses Moment steht im Zentrum des Gedankens der ´Consejo Comunales´, der lokalen Räte, in denen sich im Rahmen lokaler Selbstorganisation Arbeitsgruppen zu drängenden Problemlagen bilden und diese selbst in die Hand nehmen. 30.000 dieser lokalen Räte haben sich in kürzester Zeit in ganz Venezuela gebildet. Mehrere lokale Räte können sich zu einer ´Comuna´, zu einer selbstverwalteten Kommunalen Stadt, zusammenschließen. (Nicht weniger als 29 lokale Räte gibt es allein im Armutsviertel von Caracas.) Auch vom Aufbau dieser ´Comuna´ berichtet der Film: Wasser- und Gesundheitsversorgung werden von den BewohnerInnen selbstorganisiert in die Hand genommen. Die früher inexistente Müllentsorgung funktioniert bald reibungslos. Junge KrankenpflegerInnen übernehmen die Gesundheitsversorgung. So kommen die Menschen erstmals in die Lage, ihre Zukunft und ihren Lebensraum selbst zu bestimmen. Der Film zeigt in beeindruckenden Bildern und Interviews, wie aus Bauern Landwirtschaftspolitiker und wie Fabrikshallen zu lokalen Parlamenten werden. Kurz: Wie aus Betroffenen GestalterInnen werden. Alles wird in Arbeitsgruppentreffen basisdemokratisch erarbeitet und wenn die Programme beschlossen sind, gelingt es auch, für deren Umsetzung staatliches Geld zu bekommen. Den mühsamen Prozess, der von Diskussionen, Erfolgen und Konflikten geprägt ist, portraitiert der Film in stimmungsvollen Bildern ebenso wie das Vertrauen in einen kollektiv-politischen Gestaltungswillen mit dem vieles, das noch vor kurzem als Sachzwang erschien, veränderbar wird. „Comuna im Aufbau“ ist ein Film der zeigt, wie aus Selbstermächtigung Gestaltungsmacht wird. T. H.
DVD „Comuna im Aufbau“, Österreich 2010, 94 Minuten, Konzept und Realisation: Dario Azellini u. Oliver Ressler, Vertrieb: www.ressler.at