Kate Crawford

Atlas der KI

Ausgabe: 2025 | 1
Atlas der KI

Kate Crawford relativiert den Hype um Künstliche Intelligenz. KI, so die Expertin, sei „weder künstlich noch intelligent“ (S. 16), vielmehr basiert die Technik auf natürlichen Rohstoffen, menschlichem Arbeitseinsatz und ist abhängig von politischen und sozialen Strukturen. Die materiellen Wurzeln der vermeintlich künstlichen Technik finden sich in den Abbaugebieten für seltene Erden, in den entlegenen Rechenzentren und Serverfarmen sowie deren unfassbar hohen Wasserverbrauch. Im Ergebnis sehen Anwender:innen jedoch nur den Link einer Homepage oder ein heruntergeladenes Programm. „Dies trägt dazu bei, dass wir die Cloud als etwas Unsichtbares und Abstraktes betrachten, obwohl sie eigentlich etwas Materielles ist, was die Umwelt und das Klima in einer Weise beeinflusst, die noch längst nicht vollständig ergründet und beachtet worden ist“ (S. 53). Neben den natürlichen Ressourcen bestehen aber auch komplexe Zusammenhänge zwischen der KI und menschlichem Arbeitseinsatz. Zum einen könnte die Technik ohne menschliches Zutun nicht funktionieren, zum anderen verändert ihr Einsatz auch den Arbeitsalltag der Menschen, wobei Crawford auf die Situation von Amazon Fabriksmitarbeiter:innen verweist, deren Arbeitsalltag von Überwachung und enormen Zeitdruck geprägt ist. Besondere Aufmerksamkeit widmet die Autorin dabei dem Faktor Zeit, denn die Silicon-Valley-Ideologie, welche mit immer neuen Entwicklungen nach noch mehr (beruflicher) Effizienz strebt, ist geprägt von jungen Männern und deren „Workaholismus“ (S. 86), welcher zunehmend auch von Menschen außerhalb der Technik-Start-Up Bubble als neuer Maßstab internalisiert wird, was Themen wie Care-Arbeiten wiederholt in die Unsichtbarkeit zu drängen droht. „Anstelle der Frage, ob Roboter Menschen ersetzen werden, diskutiere ich, wie die Letzteren immer mehr wie Roboter behandelt werden und was dies für die Rolle der Arbeit bedeutet“ (S. 65). Der Einfluss des Silicon-Valleys reicht jedoch weiter als die drohende Zurückdrängung feministischer Erfolge, was im Kapitel Daten ausführlich beschrieben wird. Im Laufe des Buches verweist die Wissenschaftlerin auf weitere Herausforderungen im Umgang mit der Technik. Eindrücklich werden dabei bestehende Machtgefälle aufgezeigt, wobei Crawford sowohl durch ihren Blick nach vorne als auch ihre Aufarbeitung des Einflusses bisheriger technischer Entwicklungen auf unsere Strukturen überzeugt. Lesenswert.