Carlo Strenger ist in der Schweiz geboren, jetzt Professor für Psychologie an der Universität in Tel Aviv. In „Abenteuer Freiheit“ fordert er, dass die westliche Welt ihre Werte selbstbewusst verteidig. Er hat eine hohe Meinung von der westlichen Moderne: „Die größte Leistung der westlichen Moderne besteht darin, es den Individuen ermöglicht zu haben, ihr Leben frei nach bestem Wissen und Gewissen zu gestalten, und ihnen ein breites Spektrum von Lebensformen und -stilen zur Verfügung zu stellen.“ (S. 8) Dieser Zustand sei aber in Gefahr. Freiheit sei kein Zustand, der sich von selbst erhalte, er müsse immer wieder erarbeitet werden.
Strenger führt dies auf ein grundlegend falsches Freiheitsverständnis zurück, er beschuldigt Jean-Jacques Rousseau dafür die Grundlage gelegt zu haben. Rousseau habe argumentiert, dass die Menschen frei geboren seien. Es müsse den Menschen nur der Raum geschaffen werden, ihr volles Potenzial auszuschöpfen. Freiheit sei der Naturzustand. Strenger meint hingegen, Freiheit sei bestenfalls eine Errungenschaft, die nur durch harte Arbeit erworben werden könne. „Die Dynamik der Erwachsenwerdens besteht darin, dass wir für uns selbst immer mehr Verantwortung übernehmen müssen, und dass uns immer seltener, wenn überhaupt, vorgeschrieben wird, was wir zu tun haben, so dass unsere Freiheit zunimmt.“ (S. 9)
„Positive Freiheit“ und „Negative Freiheit“
Mit Isaiah Berlin geht auch er von zwei Freiheitsbegriffen aus. „Negative Freiheit“ bedeutet, vom Staat und der Gesellschaft eingeschränkt zu werden. Mit negativer Freiheit sei durchaus vereinbar, dass wir zu Sklaven unserer Leidenschaften, Begierden oder auch äußerer Manipulation werden. „Positive Freiheit“ bedeutet, dass Menschen wirklich autonom seien, auch von ihrem – mit Sartre formulierten – falschen Bewusstsein, wir hätten eigentlich keine Wahl, da ‚man‘ gewisse Dinge nicht tut, andere aber sehr wohl tun muss. „Wir identifizieren uns mit unserer sozialen Rolle, damit wir uns der erdrückenden Last der Freiheit nicht stellen müssen.“ (S. 91)
Strenger sieht in der Literatur Zeichen für die Erschöpfung der Moderne; anhand von Autoren wie Michel Houellebecq, Benjamin Barber und John Gray wird eine zunehmende Aversion gegen den modernen Westen dokumentiert. Ein Kapitel spricht vom „Ekel am Westen“. „Der Mythos, wir seien frei geboren, führt dazu, dass immer mehr Bewohner der westlichen Welt nicht begreifen, dass wir uns in einem langen Prozess, der die freiheitliche Ordnung möglich gemacht hat, auseinandersetzen müssen, wenn wir die Freiheit wirklich schätzen und bewahren wollen.“ (S. 13)
Strenger spricht abschätzig von der Konsummentalität der Gegenwart. Man müsse die nachfolgende Generation erziehen, für liberale Grundwerte zu kämpfen.