John Naisbitt, Nana Naisbitt, Douglas Philips

High Tech. High Touch

Ausgabe: 1999 | 4

Die Fangemeinde von “Megatrend-Guru” John Naisbitt - diesmal zusammen mit seiner Tochter Nana Naisbitt und dem Künstler Douglas Philips - mußte nicht lange warten, bis neue Trendprognosen für das 21. Jahrtausend aus des Meisters Werkstatt vorliegen. Für manche mag es aber auch reizvoll sein, sein Zehnpunkteprogramm aus “Megatrends 2000” aus dem Jahre 1990 (PZ 2/1990*189) einer kritischen Prüfung zu unterziehen.

Zunächst überrascht, daß vom einst versprühten Optimismus des Bestsellerautors am Übergang zum neuen Millennium nicht mehr viel übriggeblieben ist. Wir leben, so Naisbitt, in einer “technologieverseuchten Gesellschaft”, in einem “Rauschzustand der Machbarkeit”, der uns die Menschlichkeit nimmt. “Berauscht von den verführerischen Genüssen und Versprechungen der Technologie, schenken wir ihren Folgewirkungen keine Beachtung und wundern uns über die scheinbare Unvorhersehbarkeit der Zukunft.” (S. 9) Erst im Bewußtsein dieser Tatsache können wir beginnen, mögliche Folgen neuer Technologien abzuschätzen und sie verantwortungsvoll einzusetzen.

Der Weg von High-Tech zu High-Touch fordert und fördert in erster Linie eine ganzheitliche Sichtweise, in der Technologien befürwortet werden, die das Menschsein bewahren und jene abgelehnt werden, die darin eingreifen. Gemeint ist damit v. a. die Gentechnologie, die sich anschickt, das Leben auf unserem Planeten gravierend zu verändern. Heute noch hätten wir die Möglichkeit, die sozialen, wirtschaftlichen und ethischen Konsequenzen dieser “ehrfurchtgebietenden Technologie” vorherzusehen und dementsprechend vorausschauend zu agieren, statt, wie so oft, lediglich zu reagieren. Um das zu erreichen, muß, so das Autorentrio, die öffentliche Debatte angekurbelt werden. Einen Anstoß dazu liefern die Verfasser selbst, indem sie die wissenschaftlichen, ethischen und theologischen Verheißungen und Bedenken im Bereich der Gentherapie, der DNA-Tests, der Genpatente und der Klonung von Menschen ansprechen.

Zur Begründung ihrer Argumentation beschäftigen sich die Autoren auch mit Abenteuerreisen, mit elektronischen Simulationen (Kriegs- und Gewaltspiele) sowie den Auswirkungen von Gewalt in den Medien. Naisbitt appelliert eindringlich an die Verantwortlichen der Unterhaltungsindustrie: “Unsere Toleranz gegenüber medialer Gewalt wird sich für immer ändern, sobald wir akzeptieren, daß Bildschirminhalte reale Konsequenzen haben.” (S. 100)

Schließlich geht es um das neue “Specimen Art Movement” (Gunther von Hagens Ausstellung “Körperwelten” sorgte auch hierzulande für Aufsehen), eine Kunstrichtung, die den Menschen zum Ausstellungsstück macht und uns so an unser Menschsein als Teil eines größeren Ganzen erinnert. Gerade dieses “Zurück zur Menschlichkeit” bewegt, macht nachdenklich, provoziert und lädt nicht zuletzt auch dazu ein, uns in einen neuen “Dialog über Technologie einzuklinken”.