Zukunftsfähigkeit: mehr verkaufen, neue Märkte, Erfolgsideen

Ausgabe: 1999 | 3

Zukunft ist Trumpf. Sie ist zwar weder vorherseh- noch voraussagbar, denn: „Das Rätsel Zukunft ist wohl ein Glücksfall“ (S. 11); nichtsdestotrotz will sie angegangen werden - aktiv, initiativ, kreativ. Rasche Anpassung an die neuesten Entwicklungen, so lautet das Gebot der Stunde, wobei Phantasie und Visionen wieder erlaubt und gefragt sind. „Eine Entwicklung, an die wir uns am besten schnell gewöhnen - gute Unternehmensgewinne und weniger Arbeitsplätze.“ (S. 18) Daher ist die einzig logische Tat, sich selbständig zu machen, wobei die „Zukunft“ zum kommerziellen Faktor wird, der dabei hilft, sich und seine Produkte besser vermarkten zu können. Zukunftsfähigkeit steht ganz oben in der Liste der Eigenschaften, die der moderne und erfolgreiche Mensch zu besitzen hat.

Das Buch fungiert als Ratgeber, indem zukünftige Entwicklungen, wie höhere Globalisierungsdichte, stärkere Individualisierung, größere Medienvielfalt und damit korrespondierend ein neues Zeitkonzept, höchste Mobilität und höhere Intelligenz skizziert und im Anschluß die entsprechenden Empfehlungen, die als TIPS ins Auge springen, abgeleitet werden. Die Erfolgsjobs der Zukunft werden daher Ideenverkäufer, Aufmerksamkeitsmanager, Kundenbeziehungsinnovateur, Vermarktungs- wie Öffentlichkeitsberater und Cyberdesigner sein. Diese neuen Entwicklungen verlangen veränderte Strategien, sowohl im Berufs- als auch im Privatleben. Ein Beispiel dafür ist die zukünftige Lebensform. „Die Evolution der Medien treibt unsere eigene Entwicklung voran. In der Zwischenstufe, bis zur totalen Fusion von Mensch und Maschine, sind wir Medien-Nomaden. Wir ziehen durch die Welt und unsere Phantasien, ohne kaum mehr einen Fuß vor die Tür zu setzen.“ (S.34) Internet sei Dank! Wohnen wird zukünftig „synonym für Arbeit, Bildung, Einkauf, Kommunikation“ (S. 34) gesetzt. Durch die weltweite Vernetzung siegt Zeit vor Ort, „im privaten wie beruflichen Alltag wird die Organisation zum entscheidenden Faktor“ (S. 31) werden.

Was zunehmend verblüfft, sind weniger die prophezeiten Entwicklungen als der Rückgriff auf das bereits Bekannte. Diese „neue“ Lebensform kennen wir schon aus dem 17./18. Jh., wo die Großfamilie Wohn- und Produktionsstätte zugleich war, bevor die Industrialisierung den eigenständigen Erwerbszweig v. a. der Frauen zunichte machte. Die daraus resultierende Trennung von öffentlich und privat ist legendär, die neuesten Entwicklungen scheinen jetzt wieder auf deren Aufhebung hinzudeuten. Doch der vehemente Blick nach vorn scheint die Vergangenheit nicht zu interessieren. Daher sind an diesem Buch weniger die Ratschläge interessant als vielmehr die geschichtsträchtigen Erklärungsmuster, der bekannte Blick auf die Welt. „Wettbewerb bedeutet immer Auslese, aber auch Entwicklung.“ (S. 81) oder : „Somit ist es durchaus denkbar, daß beispielsweise viele Reaktionen der Kunden auf Marketingaktionen im Grunde keine bewußten und willentliche getroffenen Entscheidungen sind, sondern die Folge eines genetischen Auftrags.“ (S. 137) Selektion, Höherentwicklung und Fortschritt entstammen dem Sprachschatz der Evolutionstheorie, die nachhaltig das 19. Jahrhundert prägte und die Vererbungstheorie erlebt im neuen Outfit - der Genforschung - eine neue Hochblüte.

Das 19. Jahrhundert feiert fröhliche Urständ oder wie Günter Anders es in einem anderen Zusammenhang so brillant formuliert: die avancierteste Technik in den antiquiertesten Händen. Den ständig prophezeiten totalen Umwälzungen sind herkömmliche Legitimations- und Erklärungsschemata unterlegt, gleichwie der in Aussicht gestellten höheren Intelligenz der dringende Appell an die Unkompliziertheit und Einfachheit zur Seite gestellt ist. „Versuchen Sie Ihre Argumentation, die sich bspw. auf fünf Sätze erstreckt, auf ein aussagefähiges und leicht verständliches Zitat herunterzubrechen.“ (S. 43) So sei dieses Buch auch der höheren und geschäftstüchtigeren Intelligenz, die Unkompliziertheit mit Vereinfachung in eins zu setzen scheint, empfohlen, da die alte zugegebenermaßen ihre Probleme damit hat. A. E.

Schwarzmann, Oliver W.: Mit Zukunft mehr verkaufen! Neue Märkte. Mehr Kunden. Erfolgsideen. Persönliche Entwicklung. Waiblingen: Inst. f. Zukunftskonditionierung, 1999. 232 S., DM 39,- / sFr 36,- / öS 285,-