Strategien für eine ökologisch nachhaltige Weltwirtschaft

Ausgabe: 1992 | 1

"Macht die Rettungsboote frei!" - Als diese Aufforderung an die Passagiere der Titanic erging, wollte kaum jemand an die Gefahr glauben. Als die Realität nicht mehr zu leugnen war, war es zu spät: 1500 Menschen mussten am 15. April 1912 ihr Leben lassen, weil sie die Warnung der Wissenden nicht wahrhaben wollten. Auch wir wissen es längst: das Raumschiff Erde ist leckgeschlagen, die Gier und die Unvernunft der Wenigen, das Zögern und Zaudern der Vielen lässt befürchten, dass wir die erforderliche Kurskorrektur nicht rechtzeitig und nicht entschlossen genug einleiten. Was zu tun und wie es zu schaffen wäre, die Lebensgrundlagen (nicht nur des Menschen) nachhaltig zu sichern, skizzieren die Mitarbeiter des Worldwatch Institute in Washington in diesem Band, der die Zahl der mahnenden Stimmen deutlich unterstützt. Im ersten Teil werden Marschrouten aufgezeigt, die einen Weg ins nächste Jahrtausend sichern: Der Aufbau einer globalen Solarwirtschaft, verstärkte Wiederverwendung und -verwertung der zunehmend knapper werdenden Ressourcen, der Schutz, der biologischen Lebensgrundlagen sowie die Versorgung einer auf acht Mrd. Menschen zu begrenzenden Weltbevölkerung werden als ebenso mögliche wie unumgängliche Ziele genannt. Zahlen und Fakten, wie sie aktueller und eindringlicher wohl kaum verfügbar sind, belegen, wo die größten Hürden aufgestellt sind, und wie sie durch weitsichtige politische Maßnahmen genommen werden könnten. Der zweite Abschnitt legt die Voraussetzungen für die Kurskorrektur dar: Als Instrumente des Wandels werden v.a. sinnvollere und umfassendere Indikatoren für menschlichen Fortschritt gefordert und vorgestellt. Dass selbst Umweltkatastrophen das Bruttosozialprodukt anwachsen lassen, zeigt auf erschreckende Weise, mit welcher Perversion und Kurzsichtigkeit wir derzeit noch zu Werke gehen. Die Umgestaltung staatlicher Anreize in maßgeblichen Bereichen wie Familienplanung, Land- und Forstwirtschaft, Ökosteuern und eine Neuorientierung der internationalen Finanzpolitik (GATI, Weltbank) werden neben der Hoffnung auf die wachsende Zahl selbstorganisierter Bürgerbewegungen - wegweisend ist hier vor allem die Dritte Welt als Voraussetzung für nachhaltigen Fortschritt genannt.  Würde nur dieses Buch zur Richtlinie politischen, wirtschaftlichen und individuellen Handelns, seine Empfehlungen tatsächlich in einer „Erdcharta " festgeschrieben, so wäre ein entscheidender Schritt in eine bessere Zukunft getan. Walter Spielmann

Brown, Lester R.; Flavin, Christopher; Postel, Sandra: Zur Rettung des Planeten Erde. Strategien für eine ökologisch nachhaltige Weltwirtschaft. Eine Publikation des Worldwatch Institute. Frankfurt/M..: S. Fischer, 1992. 219 S., DM 29,80/ sFr 25,30 / öS 232,40