Was sind die Energien des 21. Jahrhunderts?

Ausgabe: 2007 | 4

Hermann-Josef Wagner, Professor für Energiesysteme und Energiewirtschaft an der Ruhr-Universität Bochum, gibt in diesem Band der Reihe „Forum für Verantwortung“ einen umfassenden Überblick über sämtliche Aspekte des Themas Energie. Gut verständlich und sehr sachlich werden Fragen wie der nationale und globale Energieverbrauch, die Rolle der Energiemärkte sowie

 

der Run auf die verbleibenden Lagerstätten, die ökologischen Auswirkungen des gegenwärtigen Energiekonsums oder die Hoffnung auf Erneuerbare Energieträger dargestellt. Der Autor beschreibt die Funktionsweise und Zukunftsperspektiven der einzelnen Energieträger und dämpft dabei allzu große Erwartungen in neue Energieformen, so sehr er deren Einführung und Förderung begrüßt. Ob Fotovoltaik, Windenergie, Kraft-Wärmekopplung oder Erdwärmenutzung – diese neuen Energieträger seien derzeit zwar wirtschaftlich noch teurer (was sich bei steigenden Preisen für Fossilenergie jedoch ändern wird), im Sinne eines Energiemixes würden sie jedoch die Abhängigkeit von den herkömmlichen Energieformen verringern (80 Prozent des Weltenergieverbrauchs fallen heute auf Kohle, Erdöl und Erdgas). Wagner präferiert hier keine Energieform, zu prüfen sei jeweils, wo welcher Energieträger am effizientesten einzusetzen sei. Überflüssig sei auch die Debatte über zentrale versus dezentrale Systeme – wir bräuchten in Zukunft beides, wobei der Autor in Kleinkraftwerken mit kombinierter Strom- und Wärmerzeugung, die in ein größeres Netz „(virtuelles Kraftwerk“) einspeisen, durchaus Zukunftspotenziale sieht. Als große noch ungelöste Herausforderung betrachtet Wagner die Energiespeicherung; sie sei Voraussetzung für eine Vollversorgung durch Erneuerbare Energieträger, die nicht regelmäßig „sprudeln“. Gegenwärtig sind Pumpspeicherkraftwerke die einzige wirtschaftlich rationelle Form der Energiekonservierung; zukünftig könnte Wasserstoff als Speichermedium eine größere Rolle spielen. Für Entwicklungsländer, die häufig über keine zusammenhängenden Energienetze verfügen, wären hingegen laut Wagner dezentrale Systeme bereits jetzt wirtschaftlich von großem Nutzen. Wie andere auch setzt der Autor insbesondere auf Energieeffizienz und Verbrauchsreduzierungen; anders als die meisten begründet Wagner dies jedoch gerechtigkeitstheoretisch: Da Entwicklungsländer am meisten durch hohe Energiepreise belastet werden (die reichen Volkswirtschaften haben Wohlstandspuffer; sie stellen derzeit 20 Prozent der Bevölkerung und 50 Prozent am Weltprimärenergieverbrauch!), dürften aus „moralischen Gründen“ die Kosten nicht allzu sehr explodieren, was wiederum nur durch „gedämpfte Nachfrage“ zu erreichen sei. In Zukunft müssten sich jedoch, so der Autor, alle Wirtschaften darauf einstellen, dass Energie einen höheren Preis haben wird. H. H.

 

Wagner, Hermann-Josef: Was sind die Energien des 21. Jahrhunderts? Der Wettlauf um die Lagerstätten. Frankfurt: Fischer, 2007 310 S. € 9,95 [D], 10,25 [A], sFr 17,80 ISBN 978-3-596-17274-0