Bereits in der Antike wurde mit Fremden und unterworfenen Völkern nicht gerade schonend umgegangen. Den Höhepunkt der Missachtung fremder Völker und Kulturen stellte jedoch die Kolonialzeit dar. Das Erbe dieser Epoche verursacht nach Ansicht des Autors bis heute die Mehrzahl der ethnischen Konflikte: 150 kriegerische Auseinandersetzungen seit 1945 mit mindestens 25 Mio. Toten und in den 80er Jahren weit über 10 Mio. Flüchtlinge gehen meist auf nationale und religiöse Intoleranz sowie auf wirtschaftliche Interessen zurück. Ludwig liefert zu den behandelten Völkern und Volksgruppen einen kurzen geschichtlichen Überblick und berücksichtigt so weit wie möglich die aktuelle Situation. Seit den 70er Jahren nehmen sich zahlreiche Institutionen (z.B. Survival International, Minority Rights Group, Cultural Survival) der Minderheiten an. Die UNO ermöglicht den Randgruppen bessere Vertretung ihrer Anliegen, indern sie den NGO-Status verleiht. Einigkeit besteht darüber, dass das Recht auf Selbstbestimmung nicht in jedem Fall die Errichtung eines eigenen Staates beinhalten muss; auch innerstaatliche Autonomie und eine föderative Verfassung können zur Lösung von Konflikten beitragen. Diesbezüglich liegt aber, das zeigt die jüngste Entwicklung im Osten Europas, eine große Aufgabe für die Zukunft noch vor uns. Angesichts des großen Konfliktpotentials ist Weitsicht und Humanität ohne Nationalismus gefordert.
Ludwig, Klemens: Bedrohte Völker. Nationale und religiöse Minderheiten. München: Beck, 1990.201 S., DM 19,80 / sFr 17,60, öS 154,40