Ein Comeback globaler Zukunftsmodelle

Ausgabe: 1994 | 4

Mit Ende der 70er Jahre schien das goldene Zeitalter globaler Zukunftsmodelle vorbei zu sein. Während der 80er Jahre gab es auf diesem Gebiet wenig Aktivität, obgleich einige ältere Aktivitäten, vor allem mit Konzentration auf mathematische Modelle fortgeführt wurden. Viele Forschungsgruppen, die in den 80ern globale Studien erstellt hatten, lösten sich auf oder wandten sich vornehmlich anderen Aktivitäten zu, so z. B. die OECD Interfutures Group. In den 90er Jahren scheinen wir nun ein Comeback globaler Modelle zu erleben. Ein Vergleich zwischen den Methoden der 70er und der 90er Jahre bietet sich exemplarisch anhand des Modells "Scanning the Future: A Long Term Scenario of the World Economy 1990-2015" (Niederlande, Central Planning Bureau, 1992). Die meisten neuen Modelle sind hinsichtlich der weiteren Zukunft optimistisch und sehen keine Notwendigkeit grundlegender Veränderungen des globalen Systems.

Sie lassen keine Betroffenheit hinsichtlich der tatsächlich brennenden Probleme der Zeit erkennen, die Nöte der armen Nationen werden so gut wie gar nicht erörtert, und die ökologischen Herausforderungen werden überwiegend positiv behandelt (hohes Wirtschaftswachstum als Bedingung einer zukunftsfähigen [sustainable] Entwicklung ist typisch für diese Modelle). Keines der neuen Modelle nimmt Bedacht darauf, dass Indien und China voraussichtlich schon in naher Zukunft die vierte und fünfte ökonomische Supermacht sei. "Am meisten enttäuschend an diesen neuen Modellen ist jedoch das Fehlen auch nur eines Hinweises auf einen Paradigmenwechsel für die Bewältigung der Zukunft."

Zusammenfassend: "Wenn man globalen Zukunftsmodellen vor allem die Rolle der vorausblickenden Warnung und als Herausforderung für unsere gegenwärtige Weitsicht betrachtet, stellt diese neue Welle keinen Fortschritt auf diesem Gebiet dar." Kommentar: Eine andere Erklärung dafür ist, dass die "neue Welle" von engstirnigen Ökonomen und nicht von Zukunftsdenkern (futurists) getragen wird. Mehr als ein Mangel an Fortschritt "in diesem Gebiet", handelt es sich wohl darum, dass nun eine andere Gruppe am Ruder ist, eine, die offensichtlich des Lernens nicht fähig ist.

(Übersetzung: W Sp.) 

Steenbergen, Bart v.: Global Modelling in the 1990s. A Critical Evaluation of a New Wave. In: Futures 26 (1994) Heft 1, S. 44-56.