Megatrend Umweltinnovation

Ausgabe: 2008 | 3

Professor Andreas Troge, der Leiter des Umweltbundesamtes Berlin, beschreibt in seinem Vorwort das Ziel des Buches und damit die Klammer, die die sechs Kapitel, die weitgehend auf bereits publizierten Aufsätzen beruhen, zusammenhält: „Was es braucht, um Umweltinformationen anzustoßen und welchen Ansprüchen diese im Prozess der ‚ökologischen Modernisierung’ genügen müssen, veranschaulicht dieses Buch ausführlich“. Als Anhang findet sich noch ein Aufsatz „Vom Staatsversagen zur politischen Modernisierung? Ein System aus Verlegenheitslösungen sucht seine Form“ aus dem Jahr 1993.

 

Martin Jänicke war bis 2007 Professor für vergleichende Politikwissenschaft und Leiter der Forschungsstelle für Umweltpolitik an der Freien Universität Berlin. Er war und ist, nicht zuletzt durch seine Tätigkeit im Sachverständigenrat für Umwelt sowie im Kuratorium der Deutschen Bundesstiftung Umwelt maßgeblich am umweltpolitischen Diskurs und an der Ausgestaltung von umweltpolitischen Instrumenten in Deutschland tätig.

 

Man kann sich dieser Textsammlung aus unterschiedlichen Perspektiven nähern. Das Buch lässt sich – beinahe – als Standardwerk zu Mechanismen und Politikinstrumenten lesen, die in Richtung von Umweltinnovationen führen. Diese sind, so das Credo von Jänike, erforderlich, weil „das bei weitem größte Potenzial umweltbezogener Problemlösungen im Rahmen des bestehenden (und von Jänicke nicht hinterfragten Modells, G. Sp.) marktwirtschaftlichen Systems“ bestehen (S. 15). Man kann dieses Buch aber auch als Zusammenstellung von Texten lesen, die in gewisser Weise eine vergangene Zeit beschreiben – nämlich Texte, die in der Überzeugung geschrieben sind, dass durch forciertes politisches Handeln innerhalb des bestehenden marktwirtschaftlichen Systems (technologische) Umweltinnovationen derart stimuliert werden können, dass ein dauerhaftes Wirtschaften auf gewohnten Wohlstandsniveau möglich wird („Megatrend Umweltinnovation meint hier eine langfristige, objektiv gewordene Entwicklungstendenz, die die Chance einer nachhaltigen Entwicklung bietet“). Man kann diesen Band letztlich sehr kritisch lesen und gewissermaßen gegen den Strich bürsten. So lässt sich beispielsweise mit einer gewissen Berechtigung fragen, warum es Umweltinnovationen, wenn es sich dabei tatsächlich um einen Megatrend handelt und so hohe spezifische Einsparungen, ja sogar eine völlige Entkopplung von Industriewachstum, Ressourcenverbrauch und Umweltbeanspruchung möglich sind (vgl. z. B. S. 15 und S. 48), noch nicht geschafft haben, die negativen Trends abzuschwächen oder gar umzukehren. Gerade aus der kritischen Beschäftigung mit den Texten lassen sich viele Anregungen zum weiteren Nachdenken und Recherchieren finden.

 

Je nach Grundhaltung der LeserInnen zu umweltpolitischen Fragen, wird man in jedem Kapitel ausreichend Grund finden, sich in seiner Haltung bestätigt zu fühlen, oder sich an den Ansichten und Postulaten des Autors zu reiben, beispielsweise an der Definition ökologischer Modernisierung als „zwar marktkonforme Strategie, die aber eine notwendig politikbasierte Forcierung von technologischem Fortschritt und seiner Ausbreitung“ ist (S. 48). Spannend und bedenkenswert sind die Ausführungen zu Voraussetzung und Rolle von Umweltpionieren (S. 91), zur Rolle der EU, wo der Schub der Umweltrechtssetzung in den späten 80er und frühen 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts auf die damalige Neuverhandlung der Vertragsgrundlagen zurück geführt wird, oder die Bewertung der Agenda 21 als zwar wertvolles Instrument, das aber bislang wenig effektiven Fortschritt generiert hat (S. 108). Der Autor erteilt dem Instrument der freiwilligen Vereinbarungen eine klare Absage (S.118) und setzt eher auf das Konzept des „Umweltstaates“ als „ressortübergreifende Querschnittfunktion des modernen Staates“ (S. 148).

 

Dem Rezensenten fiel es ob der vielen Wiederholungen (die daher rühren, dass das Buch nicht in einem Guss geschrieben wurde, sondern eine Sammlung überarbeiteter Aufsätze ist) und der Tatsache, dass es viel an schwer lesbarer Beschreibung und Analyse, aber wenig an umsetzbaren Handlungsoptionen bietet, nicht immer leicht, bei der (Lese)stange zu bleiben. Für alle, die am Für und Wider politiknaher Umweltprozesse interessiert sind, ist es aber allemal interessant, die Ausführungen im Detail zu studieren und daraus Schlüsse zu ziehen. Dass der Rezensent über weite Strecken des Buches das Gefühl hatte, einem Dinosaurier zuzusehen, mag an seinem durchwegs anderen Zugang zur Frage der Lösungskompetenz von Technologien liegen. G. Sp.

 

Jänicke, Martin: Megatrend Umweltinnovation. Zur ökologischen Modernisierung von Wirtschaft und Staat. München: oekom-Verl., 2008. 208 S., € 29,90 [D], 30,80 [A], sFr 50,80

 

ISBN 978-3-86581-097-7