Lernprozesse in selbstverwalteten Organisationen

Ausgabe: 1996 | 2

Der Bericht faßt die Ergebnisse einer großangelegten empirischen Untersuchung in Großbritannien zusammen, die - anhand von Fallbeispielen einzelner Organisationen und einer örtlichen Erhebung - der Frage nachging, welche Lernprozesse in lokalen, selbstverwalteten Organisationen vor sich gehen. Überraschend war die große Zahl und Vielfalt dieser Gruppierungen (in den Bereichen Freizeit, Gesundheit, Sport, Kultur, Bildung, soziale Dienste u. a.) sowie der hohe Anteil an Mitgliedern. In systematischer, verständlicher Weise werden Ausgangslage und Verlauf des Projektes dargestellt und das große Spektrum von Lernen und Veränderung analysiert, das über die intendierten Ziele der Organisation und die Erwartungen der Mitglieder hinausgeht. Dabei bekennen sich die Autoren zu einer gewissen "subjektiven" Färbung - aus der Sicht der Befragten wie der Forscher. Zunächst geht es um individuelle Lernerfahrungen, die konkrete Wissensinhalte sowie Einstellungen und Verhaltensweisen betreffen. Dem informellen Lernen wurde dabei oft eine größere Bedeutung zugemessen als den offiziellen Organisationszielen. Eine Schlüsselrolle spielt das in der Gruppe gewonnene Selbstvertrauen, aus dem eine Reihe von organisatorischen, kommunikativen, kreativen Fähigkeiten und die Bereitschaft zur Verantwortung erwachsen. Darüber hinaus finden Lern- und Entwicklungsprozesse der Gruppen selbst statt. Schließlich leisten diese einen wesentlichen Beitrag zur Lebensqualität der Gemeinde und stellen ein Übungsfeld für aktive Bürgerbeteiligung dar. Art und Umfang des Lernertrags werden in differenzierter Weise in Beziehung gesetzt zu Alter, Geschlecht und Vorbildung der Mitglieder, zu Aufgaben und anderen Merkmalen der Gruppen. Es wird auf Faktoren hingewiesen, die Lernen begünstigen oder behindern. Folgerungen für Gemeinwesen- und Kulturarbeit, Erwachsenenbildung, Bildungs- und Sozialpolitik werden sichtbar und offene Fragen an die Forschung weitergegeben.  In diesen freien Vereinigungen sehen die Autoren eine große, bisher zu wenig beachtete Chance zur Entwicklung des "humanen Kapitals", auf die eine Gesellschaft nicht verzichten kann. Dies trifft sich mit aktuellen Überlegungen, die im ehrenamtlichen Engagement, in nicht-erwerbsmäßigen Tätigkeiten sowie im informellen und selbstorganisierten Lernen wichtige Zukunftsperspektiven sehen. H. B./B. F

 

Elsdon, Konrad T; Reynolds, John; Siewert. Susan: Voluntary Organisations. Citizenship, Learning and Change. Leicester: NIACE, 1995. 168 S.