Lebensstandard und der Umgang mit Geld in Familien

Ausgabe: 1999 | 2

Wieviel Geld haben die Deutschen? Welche rationalen und irrationalen Motive prägen ihr Finanzgebaren? Um diese Fragen kreisen die Beiträge dieses Sammelbandes. Statistiken über das verfügbare Einkommen von Paaren mit verschieden hoher Kinderzahl sowie über deren Konsum- und Spargewohnheiten zeigen, daß besonders jüngere Familien mit mehreren Kindern im Durchschnitt einen eher niedrigen Lebensstandard haben - ein Befund, der auch auf Österreich zutrifft. Es lassen sich noch mehr Parallelen zwischen den beiden Staaten ziehen. In den letzten Jahren stagnieren die Einkommen der privaten Haushalte. Die Stimmungslage der Verbraucher, was die künftige Wirtschaftsentwicklung betrifft, ist in Deutschland wie auch in Österreich eher pessimistisch. Ein Umschwung in den Konsumgewohnheiten zeichnet sich dennoch nicht ab.

Der Band bietet neben quantitativen auch qualitative Analysen. Gerade letztere sind bislang noch Mangelware. Umso aufschlußreicher sind die Auszüge aus Tischgespächen einer thüringischen Familie, die ein paar Jahre zuvor einen radikalen Umbruch des Wirtschaftssystems verkraften mußte und dabei auch einen Währungswechsel von Ost- auf Westmark erlebte. Die ehemaligen DDR-Bürger wittern zwar oft Nepp und Betrug, wo doch bloß kapitalistisches Profitstreben herrscht, sind aber gleichzeitig fasziniert von der schönen neuen Warenwelt.

Ein Beitrag behandelt die monetäre Sozialisation von Kindern. Die Jüngsten verfügen über immer mehr Geld, beeinflussen zudem die Kaufentscheidungen ihrer Eltern und stellen somit eine immer finanzkräftigere Gruppe dar, was die Fernsehwerbung übrigens längst erkannt hat. Dringend notwendig erscheint deshalb eine Gelderziehung, die weder bedingungslos an althergebrachten Idealen (z. B. Sparen als Selbstzweck) festhält noch den scheinbaren Konsumzwängen auf den Leim geht.

So selbstverständlich im Alltag der Umgang mit Geld ist, so wenig erforscht ist von soziologischer Seite die symbolische Bedeutung des Geldes in privaten Beziehungen. Es steht für Macht, Prestige und Autonomie, aber auch für Liebe und Zuwendung. Seit Georg Simmel, der 1900 mit seiner „Philosophie des Geldes“ das bis heute maßgebliche Standardwerk geschaffen hat, ist dieser Bereich gerade im deutschsprachigen Raum von der Wissenschaft eher vernachlässigt worden. Auch der vorliegende Band muß sich in dieser Hinsicht immer wieder mit der Feststellung von Forschungsdefiziten begnügen und kann schon allein wegen seines geringen Umfangs nicht allzuviel zu deren Behebung beitragen.

R. L.

Vom Umgang mit Geld. Finanzmanagement in Haushalten und Familien. Hrsg. v. Sylvia Gräbe. Frankfurt/M. (u. a.): Campus, 1998. 165 S., DM 48,- / sFr 46,- / öS 350,-