Hoffen. Geschichten von maßloser Hoffnung

Ausgabe: 1988 | 2

Bahr erzählt Geschichten von "maßloser" Hoffnung, vom Entrinnen und  Überleben. Rettung sieht er bereits "in der kleinsten Unterbrechung der Katastrophe". Beispiele der Hoffnung (z. B. die Überlieferung der 36 Gerechten aus dem Judentum) werden durch solche vom Gegenteil ergänzt. Aber nur die Erinnerung an diejenigen, die dem Bösen widerstanden, können nach Ansicht Bahrs unsere Hoffnung stärken. Seine Erwartungen bezieht der Autor aus den Hoffnungsbildern der Bibel. Er will aber nicht passiv verharren und auf das ewige Leben warten. Mit Paul Tillich teilt er die Ansicht, daß Rettung nur möglich ist, wenn wir jetzt daran teilnehmen und eine Umkehr zum Leben verwirklichen. "Das Leben geht nur, wenn ich hoffe und handle, als ob es ginge."

Notwendig ist ein neues politisches Handeln und eine Sprache der Hoffnung. Bürgerinitiativen sind erste Anzeichen einer Wandlung. Hier ist etwas Neues in Sicht, nämlich Phantasie, Mut und gewaltfreier Protest. Die Sprache der Hoffnung muß Bilder des Möglichen und Visionen des unzerstückelten Lebens zum Inhalt haben. Gerade heute wirkt sich Pessimismus höchst lähmend aus. "Wer sich ausschließlich als Opfer sieht, der macht sich handlungsunfähig." Der erste Schritt zum "Aufwachen" ist der, alles· um sich herum wahrzunehmen. Nur so kann es nicht mehr passieren "Nichts gewußt" zu haben.

Bahrs realistische Hoffnungs-Geschichten unterscheiden sich von illusionären Happy-End-Mythen, Medien-Muntermacher-Shows oder Vertröstungs-Stories professioneller Optimisten. Er fordert alle auf, nicht Zustimmung, sondern Widerspruch zum Bestehenden zu leisten. Solange die Erde steht, darf nicht aufgehört werden, Gegenvisionen zu entwickeln. Entsprechend der Worte Gottes im Talmud lautet die letzte Antwort von Bahr: "Eure Welt droht an ihrer Selbstzerstörung zugrunde zu gehen. Und ihr wollt die Hoffnung aufgeben?"

Bahr, Hans-Eckehard: Hoffen. Geschichten vom gelingenden Leben. Stuttgart: Kreuz, 1988, 91 S. DM 16,80/ sFr 14,20/ öS 131,-