Expedition Welt

Ausgabe: 2008 | 4

Ausgerüstet mit Rucksack, Audio- und Videorecorder, vor allem aber ausgestattet mit Weltoffenheit, sozialem Engagement und Neugier haben sich Jan Holzapfel, Tim Lehmann und Matti Spieker auf die Reise gemacht: 2005 iniziierten sie das Projekt „Expedition WELT– Dialog für nachhaltige Entwicklung“. Nach einem Jahr intensiver Vorbereitung, in dem das Vorhaben bereits mit Auszeichnungen und öffentlichen Zuwendungen bedacht wurde und Sponsoren gewonnen werden konnten, ging es auf „große Tour“: 85.000 km durch 25 Entwicklungsländer legten die drei Journalisten in achteinhalb Monaten zurück, um nicht weniger als 33 „Sozialunternehmer“ – der prominenteste unter ihnen ist Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunnus – zu treffen, mit ihnen zu sprechen, ihre Projekte und Motive kennen zu lernen und darüber auch in Form von Internet-Foren mit deutschen Schulen zu berichten. Ein sorgfältig gestalteter, mit zahlreichen Fotos, in „Info-Boxen“ zusammengefassten, mit weiterführenden Informationen versehener und vor allem auch durch persönliche Reiseeindrücke ansprechend aufbereiteter Band dokumentiert diese außergewöhnliche Reise, die über den indischen Subkontinent und Südostasien nach Zentral- und Südamerika schließlich nach Afrika zurück nach Deutschland führte. Die dabei gewonnenen Erfahrungen werden auf lebendige und authentische Weise vermittelt: Ob vom Einsatz für bessere „Lebensbedingungen der Minenarbeiter in der Wüste Thar, von „Hole in the Wall“, dem von Sugatra Mitra indizierten Computer-Projekt für indische Kinder, oder der von Rakesh Jaiswal gegründeten Initiative „Eco Friends“, die sich dem Kampf für sauberes Wasser im Ganges verschrieben hat, die Rede ist. Dem Engagement für gerechte Arbeitsbedingungen, für Bildung und Entwicklung sowie für angemessene ökologische Lebensbedingungen in Indien liegen im Grunde dieselben Motive und Ziele zugrunde wie allen anderen gegeschilderten Projekten auch. Denn so unterschiedlich sie im Einzelnen auch sein mögen, so ähnlich sind doch die Anliegen der Menschen, die als „SozialunternemerInnen“ vor allem eines bewegt: Sie sind nicht bereit, sich mit den Lebensbedingungen der Besitzlosen und Ausgegrenzten abzufinden; sie vertrauen nicht auf die Versprechen der Mächtigen, die nur zu oft eine grundlegende Verbesserung der Lebensbedingungen in Aussicht stellen, aber sich doch am Elend Zigtausender mit schuldig machen. Ausgestattet mit einem hohen Werte-Bewusstsein und Beharrlichkeit, ausgeprägtem Intellekt und Menschenliebe schaffen sie Außerordentliches: Ob Unterkünfte und Ausbildungsstätten für Straßenkinder in Hanoi, der Kampf gegen Menschenhandel in Thailand, ein Zirkusprojekt für gewalttätige Jugendliche in Mexico City oder der Einsatz für Waisenkinder in Südafrika: Porträtiert werden die Motive und Visionen, die diese Pioniere sozialen Wandels motiviert, geschildert werden ihre Erfolge, benannt werden aber auch Hindernisse und persönliche Einschränkungen, die sie auf sich zu nehmen bereit sind. Dass sie für ihren Einsatz mehr als nur entschädigt, sondern tausendfach belohnt werden, soll, so ein erklärtes Ziel des Autorentrios, auch andere anstiften, sich unmittelbar für Menschen und Projekte in den Ländern des Südens zu engagieren. Wer immer sich dafür interessiert, findet in diesem Buch oder auch auf www.praktika. expedition-welt.de zahlreiche einschlägige Empfehlungen. Könnte es sein, dass immer mehr junge Menschen sich mit dem vermeintlich Unveränderlichen nicht abfinden wollen, herkömmliche persönlich wie auch gesellschaftlich als erstrebenswert angesehene Ziele wie materiellen Wohlstand und Spaß um (fast) jeden Pries zunehmend infrage stellen und ihr Leben vor allem sinnvoll gestalten wollen? Dieses Buch ist ein starkes Indiz dafür. W. Sp.

 

Holzapfel, Jan; Lehmann, Tim; Spieker, Matti: Expedition Welt. Vom Abenteuer, sich zu engagieren. München: ökom-Verl., 2008. 302 S., € 16,90 [D], 17,40 [A], sFr 28,70 ISBN 978-3-86581-891-2