Endlichkeit der Natur und Überfluß in der Marktökonomie

Ausgabe: 1993 | 4

Seit Jahrzehnten werden die Weltmärkte mit natürlichen Ressourcen geradezu überschüttet; trotz ihrer Erschöpfbarkeit sind die Preise nicht gestiegen, sondern gesunken. „Überfluß beherrscht trotz Knappheit offensichtlich das Denken der Gegenwart", so bringt Mohssen Massarrat diesen Widerspruch auf den Punkt. Der Professor für Politikwissenschaft an der Universität Osnabrück zeigt in einer ökonomisch-historischen Analyse, wie die Verschmelzung des Marktes mit politischer Macht im Rahmen eines "dualen Weltsystems" den künstlichen Überfluß an Rohstoffen erzeugt und wie dieser nicht nur für den Kapitalabfluß aus dem Süden, sondern auch für die gegenwärtige globale Umweltkrise verantwortlich zeichnet. In einer dem theoretischen Teil angeschlossenen ausführlichen Fallstudie zum Rohstoff "ÖI" macht der Autor die Entwicklung des Wohlstandes im Norden auf der Basis dieser billigst ausgebeuteten Energie deutlich; er problematisiert die Unfähigkeit der OPEC, durch Angebotsverknappung den Dumpingpreisen entgegenzuwirken, zeigt dabei insbesondere den Teufelskreis von Wettrüsten und Kriegen im Mittleren Osten auf und kommt letztlich zum Schluß, daß die erforderlichen ökologischen Reformen des globalen Wirtschaftssystems nur über tatsächlich ,,(welt)marktgerechte", auch eine „Erschöfpungsabgabe" beinhaltende Rohstoffpreise gelingen könne. Die vieldiskutierte Energiesteuer werde den Energieverbrauch nicht verringern, sondern zu einem weiteren Absinken der Rohölpreise und damit zu einer erneuten Einkommensumverteilung zugunsten des Nordens führen. Als "radikale Alternative" schlägt Massarrat eine "internationale Energiebehörde" vor, die über eine "globale Energiemengenregulierung" die Überwindung der Dumpingpreise für erschöpfbare Ressourcen erreicht, die Wettbewerbsbedingungen für erneuerbare Energien verbessert und durch sogenannte Differentialrenten (bzw. eine "globale Energiesteuer") einen Ausgleich zwischen rohstoffarmen und -reichen Ländern des Südens sucht. Ziel einer nachhaltigen Wirtschaft müsse die weitgehende Eigenversorgung aller Regionen des Globus mit natürlichen Ressourcen sein, wodurch das globale Dual-System abgebaut würde. Die nach wie vor ungleichen Austauschbeziehunqen zeigt der Autor zudem an einer zweiten Fallstudie über die erneuerbare Ressource Kaffee, dem nach dem Erdöl zweitwichtigsten Rohstoff des Südens, auf. H. H.

Massarrat, Mohssen· Endlichkeit der Natur und Überfluß in der Marktökonomie. Schritte zum Gleichgewicht. Marburg: Metropolis-Verl., 1993. 270 S. (Ökologie und Wirtschaftsforschung; 8) DM 26,80 / sFr 22,80/ öS 209